Die Pandemie trifft Pflegeheime mit voller Wucht
Starker Anstieg der Sterblichkeit unter Pflegeheimbewohner*innen in 2020
Die Zahl der Todesfälle unter Bewohner*innen von Pflegeheimen hat in den ersten beiden Corona-Wellen massiv zugenommen, wie der Pflege-Report 2021 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) aufzeigt. Bereits im Frühjahr 2020 starben 20 Prozent mehr Pflegeheimbewohner*innen als in den Vorjahren 2015 bis 2019. Im Herbst letzten Jahres stieg die Übersterblichkeit weiter auf 30 Prozent und erreichte im Dezember kurzfristig ein Maximum von 80 Prozent. Das entspricht 13 Verstorbenen je 1.000 Pflegeheimbewohnenden. Die Maßnahmen zum Infektionsschutz seien unzureichend gewesen, schlussfolgern die Forscher*innen des WIdO aus den Ergebnissen.
Die Maßnahmen hatten dabei gravierende Auswirkungen auf die soziale Teilhabe und das psychische Befinden von Pflegebedürftigen, wie eine Angehörigen-Befragung des Pflege-Report zeigt. 73 Prozent der Angehörigen berichteten davon, dass zwischen März und April 2020 ein persönlicher Kontakt zu Pflegebedürftigen nur selten oder gar nicht möglich war. 36 Prozent der pflegebedürftigen Personen konnten in diesem Zeitraum nur selten oder gar nicht das Zimmer verlassen. Das Ausmaß an Belastung und Beeinträchtigung von Pflegebedürftigen stieg währenddessen deutlich an: Vor allem vermehrte Einsamkeit (70 %), Niedergeschlagenheit (68 %) sowie geringere geistige (61 %) und körperliche (56 %) Fitness beobachteten die befragten Angehörigen.
Die Studienautor*innen betonen, dass die bisherigen Maßnahmen, die die Pflegebedürftigen schützen sollten, grundlegend hinterfragt werden müssen. „Auf keinen Fall dürfe es noch einmal zu einer generellen Isolierung alter Frauen und Männer von der Außenwelt und ihren Angehörigen kommen“, fordert Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereichs Pflege im WIdO.
In Deutschland werden in etwa 800.000 Menschen in Pflegeeinrichtungen betreut. Für seine Analyse hat das WIdO Routine-Daten von 400.000 AOK-Versicherten sowie eine Online-Befragung im Herbst 2020 von 2.000 Angehörigen pflegebedürftiger Menschen ausgewertet.
Veröffentlicht am 05. Juli 2021