Gesundheitliche Ungleichheit größer als gedacht
DAK-Studie zur Kindergesundheit 2018
Rund 90 Prozent aller Kinder sind mindestens einmal im Jahr aufgrund einer Erkrankung beim Arzt oder im Krankenhaus. Die häufigsten Gründe sind Atemwegserkrankungen (57 Prozent), Infektionskrankheiten (37 Prozent) und Augenerkrankungen (30 Prozent). Mehr als jedes vierte Kind erhielt eine Diagnose aufgrund einer psychischen Erkrankung, jedes zehnte Kind war chronisch psychisch krank. Psychische Erkrankungen sind mit 26 Prozent die vierthäufigste Krankheitsursache. Am häufigsten waren dabei Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, insbesondere Sprach- und Sprechstörungen. Das sind die zentralen Ergebnisse der neuen DAK-Studie „Wenn das Elternhaus krank macht“. Die Studie wertete die Versichertendaten von fast 600.000 Kindern und 430.000 Eltern aus dem Jahr 2016 aus. Sie ist damit die erste repräsentative Studie mit Abrechnungsdaten zur Kindergesundheit.
Kindergesundheit und Elternhaus
Die Studie sieht einen engen Zusammenhang zwischen Kindergesundheit und Elternhaus. In Familien mit niedrigem Bildungsstatus sind Jungen und Mädchen dreimal häufiger von bestimmten Erkrankungen betroffen als Kinder akademisch gebildeter Eltern. Zu diesen Erkrankungen gehören Karies, Übergewicht und Sprachstörungen. Die Unterschiede je nach Bildungsstatus der Eltern waren insbesondere bei Adipositas (krankhaftes Übergewicht) deutlich: Im Alter von 5 bis 9 Jahren sind Kinder von Eltern ohne Bildungsabschluss 2,5-mal häufiger an Adipositas erkrankt als Akademikerkinder. Wenn ein Elternteil selbst an Adipositas erkrankt, ist das Risiko um bis zum 3,5-Fachen erhöht, dass ein Kind unter derselben Erkrankung leidet.
Kinder suchtkranker Eltern
Die Studie hebt auch die erhöhte Gesundheitsgefahr für Kinder suchtkranker Eltern hervor. Bei ihnen ist insbesondere der Anteil von psychischen Erkrankungen stark erhöht. Depressionen sind um 80 Prozent häufiger, ADHS um 70 Prozent und Schulangst um 50 Prozent. 8 Prozent aller DAK-versicherten Kinder hatten 2016 mindestens einen Elternteil mit einer ärztlich behandelten Suchterkrankung.
ADHS
4,1 Prozent aller Kinder und Jugendlichen erhielten eine ADHS-Diagnose. Sie wurde am häufigsten mit dem Eintritt des Schulalters gestellt. Jungen erkranken häufiger als Mädchen. Etwa ein Drittel (34,9 Prozent) erhielt auch eine Medikation. Während die Diagnose am häufigsten bei Acht- bis Neunjährigen erfolgt, werden erst im Alter von 13 bis 14 Jahren die meisten Kinder bzw. Jugendlichen auch medikamentös behandelt.
Politischer Handlungsbedarf
Die DAK setzt sich dafür ein, dass Gesundheit auf den Lehrplan in den Schulen gehöre und in andere Fächern integriert werde. Sie wolle auch ihr Präventionsprogramm an Schulen ausbauen und Eltern z. B. durch Online-Coaching „stark machen“. Die Bundespsychotherapeutenkammer weist darauf hin, dass Präventionsangebote in Kindertagesstätten und Schulen jedoch zu geringe Erfolge zeigten, wenn sie nur auf die Kinder fokussierten. Notwendig sei ein Ansatz, mit dem es gelingt, dass Eltern und Kinder zusammen an Angeboten teilnehmen und gemeinsam ihren Lebensstil verändern. Auch Kommunen und Sportvereine sollten deshalb stärker auf gemeinsame Bewegungs- und Ernährungsprogramme setzen, in denen Eltern und Kinder bei gemeinsamen Aktivitäten einen gesunden Lebensstil entwickeln. Entscheidend für gesunde Familien sei aber auch, dass psychisch kranke Eltern früher eine Behandlung erhalten, auch um das Erkrankungsrisiko der Kinder zu senken.
Links:
Kinder- und Jugendreport 2018: Neue DAK-Studie untersucht Kinder- und Familiengesundheit
Veröffentlicht am 05. September 2018