Jedes fünfte Kind psychisch auffällig
Mehr als 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zeigt psychische Auffälligkeiten. Etwa jedes zehnte Kind ist psychisch krank, bei weiteren zwölf Prozent finden sich zumindest Hinweise auf eine psychische Auffälligkeit. Jedes zehnte Kind leidet unter Ängsten, etwa jedes 20. unter Depressionen, rund jedes 50. unter ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Störung). Das sind die neuesten Ergebnisse der Kinder- und Jugendgesundheitsstudie (KiGGS) des Robert Koch-Instituts.Studienleiterin Bärbel-Maria Kurth sprach von einer "neuen Morbidität", die vorrangig von Störungen der Entwicklung, der Emotionalität und des Sozialverhaltens bestimmt ist. Psychische Auffälligkeiten sind eine beträchtliche Beeinträchtigung der Lebensqualität, bei einem bedeutenden Anteil dieser Kinder muss eine chronische Störung angenommen werden. In der Hälfte der Fälle, bei denen bereits eine psychische Erkrankung festgestellt worden war, findet dennoch keine Behandlung statt. "Die KiGGS-Ergebnisse belegen einmal mehr die Unterversorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen in Deutschland", stellte Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest.Die am schwersten wiegende Erkenntnis ist, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien nicht nur in einzelnen Bereichen von Gesundheit und Lebensqualität schlechtere Ergebnisse aufweisen, sondern in allen Bereichen. In dieser Gruppe findet man eine Häufung der Risikofaktoren, von Unfällen, Krankheit, Übergewicht, Umweltbelastungen, eine schlechtere gesundheitliche Versorgung und häufigere psychische Auffälligkeiten. "Deshalb brauchen wir ein Präventionsgesetz, das insbesondere auch aufsuchende Hilfe und Beratung in Stadtteilen fördert, in denen Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status leben", forderte BPtK-Präsident Richter.Neben dem sozioökonomischen Status einer Familie erfasst die KiGGS-Studie auch den Einfluss verschiedener Risiko- und Schutzfaktoren. Kinder mit psychischen Auffälligkeiten kommen deutlich häufiger aus konfliktbelasteten Familien oder aus Familien, in denen die Erziehenden ihre eigene Kindheit und Jugend nicht als harmonisch empfunden haben, bzw. aus Familien, in denen die Erziehenden eine unglückliche Partnerschaft führen. Auch psychische Erkrankungen bei Mutter oder Vater und das Aufwachsen in einem Ein-Eltern-Haushalt treten bei diesen Kindern gehäuft auf. Dagegen liegen Schutzfaktoren bei psychisch auffälligen Kindern in geringerem Ausmaß vor.Von Mai 2003 bis Mai 2006 nahmen an KiGGS bundesweit fast 18.000 Kinder und Jugendliche teil. Die Teilnahmequote betrug 66,6 Prozent, was im internationalen Vergleich ein hervorragendes Ergebnis darstellt. Die KiGGS-Studie wurde u. a. ergänzt durch ein Modul zur psychischen Gesundheit (BELLA).
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Veröffentlicht am 16. Mai 2007