Katastrophal lange Wartelisten für psychisch Kranke
14. Deutscher Psychotherapeutentag fordert realistische Bedarfsplanung
Mindestens fünf Millionen Menschen erkranken jährlich an einer schweren psychischen Störung. Von ihnen können höchstens 1,5 Millionen ambulant oder stationär psychotherapeutisch behandelt werden.
"Wer psychisch erkrankt, muss monatelang auf eine Behandlung warten", kritisiert Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), auf dem 14. Deutschen Psychotherapeutentag am 9. Mai in Berlin. "Was Ärzte für körperlich kranke Menschen befürchten, ist für seelisch Erkrankte längst Realität."
Psychisch kranke Menschen warten zwei Monate auf ein erstes diagnostisches Gespräch, auf eine psychotherapeutische Behandlung sogar vier bis fünf Monate. Viele psychisch Erkrankte bekommen deshalb nur eine einseitige medikamentöse Therapie, die weder evidenzbasierten Leitlinien noch Patientenpräferenzen entspricht. Zu viele psychisch kranke Menschen geraten als Notfälle in psychiatrische Krankenhäuser. "Die Wartelisten für psychisch kranke Menschen sind katastrophal lang. Wir brauchen endlich eine realistische Bedarfsplanung, die die massive Unterversorgung von psychisch Erkrankten beendet", fordert BPtK-Präsident Richter.
Nach dem Bundesgesundheitssurvey 1998 erkranken innerhalb eines Jahres knapp drei Millionen Menschen psychisch so schwer, dass sie mindestens vier Wochen arbeitsunfähig sind oder ihren alltäglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Hinzu kommen weitere 700.000 Kinder und Jugendliche und weitere 1,5 Millionen ältere Menschen, die dringend einer psychotherapeutischen Behandlung bedürfen. Insgesamt sind also jährlich fünf Millionen Behandlungsplätze für psychisch kranke Menschen erforderlich. Tatsächlich sind jedoch nur rund eine Million ambulante und ca. 500.000 stationäre Behandlungsplätze verfügbar.
Veröffentlicht am 09. Mai 2009