Vorsorgelücke bei Grundschulkindern schließen
Kinderkommission fordert Ausbau der Früherkennung
Das Früherkennungsprogramm für Kinder (U-Untersuchungen) muss nach Einschätzung der Kinderkommission des Deutschen Bundestages ausgebaut werden, damit es zum Instrument eines verbesserten Kinderschutzes werden kann. In einer aktuellen Stellungnahme formuliert die Kommission neun Forderungen, damit Kinder und Jugendliche durch Früherkennungsuntersuchungen effektiver geschützt werden können (Kommissionsdrucksache 17/06).
Die Kinderkommission fordert insbesondere, die Vorsorgelücke im Grundschulalter zu schließen. Bisher gehören die beiden freiwilligen Vorsorgeuntersuchungen für Kinder von sechs bis zehn Jahren nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Gemeinsame Bundesausschuss soll außerdem bei den Kinder-Richtlinien prüfen, ob weitere Untersuchungen zur Erkennung von Kindesvernachlässigungen und -missbrauch aufgenommen werden sollten. Der gesamte Forderungskatalog der Kinderkommission reicht von Maßnahmen für eine bessere Inanspruchnahme der U-Untersuchungen bis hin zu einer Prüfung, ob für ausgewählte Berufsgeheimnisträger eine Lockerung der Schweigepflicht empfohlen werden soll.
"Wir setzen uns schon lange für eine bessere Früherkennung bei Grundschulkindern ein", stellt BPtK-Vorstand Peter Lehndorfer fest. "Das Screening sollte insbesondere auf psychische Auffälligkeiten ausgeweitet werden." Aus den Ergebnissen von Vorsorgeuntersuchungen ließe sich aber bisher nur indirekt auf Kindesmissbrauch oder -vernachlässigung schließen. Qualitätsgesicherte Instrumente gebe es dafür noch nicht. Gebraucht werde jedoch nicht nur ein zuverlässiges Alarmsystem, sondern vor allem angemessene und ausreichende Hilfen für Betroffene. "Die BPtK setzt sich daher für ein breites Maßnahmenbündel ein, das von niederschwelligen Beratungsangeboten bis hin zu zeit- und wohnortnahen psychotherapeutischen Behandlungsangeboten reicht", so Lehndorfer.
Eine Expertise für das Bundesgesundheitsministerium empfiehlt für Kinder von sechs bis zehn Jahren eine weitere Früherkennungsuntersuchung, die von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt werden soll. Neben einer allgemeinen Anamnese und körperlichen Untersuchungen sollen ADHS, Adipositas, Angststörungen, allergische Atemwegserkrankungen, Sehstörungen, Störungen des Sozialverhaltens und umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen. Die Früherkennung ist nach einhelliger Ansicht der beteiligten Sachverständigen in eine Versorgungskette einzugliedern, in der einerseits die Aufgaben und Grenzen der Früherkennung klar definiert sind und anderseits das weitere Vorgehen bei auffälligen Befunden eindeutig festgelegt ist. Die BPtK hat in der Sachverständigengruppe an der Empfehlung mitgewirkt.
Veröffentlicht am 25. November 2010