BMG beanstandet Psychotherapie-Richtlinie
Sprechstunde darf nicht als freiwilliges Angebot geregelt werden
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verlangt Änderungen der Psychotherapie-Richtlinie, die der Gemeinsame Bundesausschuss im Juni beschlossen hat. Das Ministerium hält es für "zwingend erforderlich", die psychotherapeutische Sprechstunde "nicht als Kann-Leistung" einzuführen. Eine solche Regelung betreffe die vertragsärztlichen Pflichten des Vertragspsychotherapeuten im Verhältnis zu seiner Kassenärztlichen Vereinigung. Eine Regelung, die es Vertragspsychotherapeuten ermögliche, ein für den Patienten essenzielles Leistungsangebot abzulehnen, "kollidiere" mit dem Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen.
Ferner stellt das BMG fest, dass die Sprechstunde für die Versicherten nach der geänderten Richtlinie verpflichtend sein solle. Dann sei aber ein "hinreichendes, flächendeckendes Angebot an Sprechstunden notwendig, damit die Versicherten überhaupt eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen können. Dafür dürfte aus Sicht des BMG aber eine Übergangsregelung erforderlich sein.
"Wir hätten begrüßt, wenn die Sprechstunde ausdrücklich ein freiwilliges Angebot geblieben wäre. Die übergroße Mehrheit der Psychotherapeuten wird die Sprechstunde ohnehin anbieten", erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). "Als freiwilliges Angebot ist sie eine flexiblere Regelung und ermöglicht der einzelnen Praxis, ihre Schwerpunkte dem Bedarf angemessen festzulegen. Ob und welche Maßnahmen tatsächlich erforderlich sind, um die Sicherstellung der Versorgung zu gewährleisten, könnte letztlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen geprüft und bei Bedarf geregelt werden."
Das BMG beanstandet außerdem den Einsatz von Dokumentationsbögen in der ambulanten Psychotherapie. Das Ministerium betrachtet insbesondere die geplante Angabe der Versichertennummer als "nicht erforderlich" und "rechtswidrig". Es mahnt den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) an, sich mit den Einwänden und Änderungswünschen, die als Stellungnahmen eingegangen seien, auseinanderzusetzen. Dabei bezweifelt es ausdrücklich die "fachliche Fundiertheit" der vorgesehenen Dokumentationsparameter.
Die BPtK hatte vor allem die geplanten Testverfahren als "ungeeignet" bezeichnet, die Diagnostik psychischer Erkrankungen zu unterstützen. Der G-BA habe bei der Änderung der Psychotherapie-Richtlinie Qualitätssicherungskonzepte ignoriert, die er selbst in Auftrag gegeben hatte. Die BPtK hatte außerdem kritisiert, dass die vorgeschriebenen Fragen und Antwortmöglichkeiten in einer zum Teil verletzenden und stigmatisierenden Sprache verfasst seien. Als Faktoren, die eine Erkrankung gefördert haben, müssten Eltern gemeinsam mit dem Psychotherapeuten zum Beispiel "abnorme Erziehungsbedingungen" ankreuzen oder "abnorme intrafamiliäre Beziehungen" angeben. "Solche herabwürdigenden Bezeichnungen sind für die Gespräche mit Patienten völlig ungeeignet", stellte BPtK-Präsident Munz bereits beim G-BA-Beschluss im Juni fest.
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Veröffentlicht am 14. September 2016