BMG: Keine Reform der Psychotherapeutenausbildung bis zur Wahl
21. Deutscher Psychotherapeutentag in Düsseldorf
Am 10. November 2012 fand in Düsseldorf der 21. Deutsche Psychotherapeutentag (DPT) statt. Gesundheitspolitische Schwerpunkthemen waren das neue Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik sowie die anstehende Reform der Bedarfsplanung. Intensiv diskutierte der DPT die Perspektiven der Ausbildung zum Psychotherapeuten. Neben starken Voten für eine Reform der postgradualen Ausbildung waren im DPT auch Stimmen zu hören, die dafür warben, die Option einer Direktausbildung zu prüfen und damit die Debatte, um die Zukunft der Psychotherapeutenausbildung weiterzuentwickeln.
Monika Konitzer eröffnete als Präsidentin der gastgebenden Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen den 21. DPT. Für das NRW-Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter begrüßte Staatssekretärin Marlis Bredehorst die Delegierten in Düsseldorf. Sie betonte, dass der Erhalt und die Förderung psychischer Gesundheit Kernanliegen der Gesundheitspolitik in Nordrhein-Westfalen seien, genauso wie die angemessene Behandlung psychisch kranker Menschen. Für das Ministerium stehe fest, dass eine Reform der Bedarfsplanung die Versorgung im Ruhrgebiet verbessern müsse.
Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik – kein Moratorium!
Die Erprobung des neuen pauschalierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) müsse per Ersatzvornahme in Kraft gesetzt werden, erläuterte der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), Professor Dr. Rainer Richter im Bericht des Vorstandes. Eine Ersatzvornahme durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) werde notwendig, weil die gemeinsame Selbstverwaltung sich nicht auf den Vorschlag für den PEPP-Entgeltkatalog des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) geeinigt habe. Anders als die meisten psychiatrischen Fachverbände habe die BPtK für den Einstieg in das neue Entgeltsystem geworben, um das neue Finanzierungssystem testen zu können. Das neue Entgeltsystem biete grundsätzlich die Chance zu einer stärker psychotherapeutisch ausgerichteten Versorgung, insbesondere in psychiatrischen Krankenhäusern. Der PEPP-Entgeltkatalog unterscheide sich grundsätzlich von dem pauschalierten Abrechnungssystem der somatischen Kliniken, stellte Professor Richter klar.Im DRG-System handele es sich um Pauschalen für jeden Behandlungsfall.
Dagegen sei das PEPP-System ein Finanzierungssystem, das auf Tagespauschalen basiere. Aufgrund dieser Tagespauschalen entstehe also kein Druck, Patienten aus ökonomischen Gründen nicht länger als durchschnittlich zu behandeln. Weiterhin werde jeder Tag vergütet, der für die Behandlung notwendig sei. Die Tagespauschalen unterscheiden sich von den bisherigen Tagespflegesätzen nur darin, dass sie – je nach Aufwand – unterschiedlich hoch sein können. Außerdem werde es durch eine besondere Pauschale (Prä-PEPP) zum ersten Mal möglich sein, besonders aufwendige, hochkomplexe Behandlungen, wie z. B. die 1:1-Betreuung oder spezialisierte Psychotherapieprogramme, deren Kosten weit über den üblichen Tagespflegesätzen liegen können, angemessen zu vergüten.
Die bisherigen Berechnungen hätten zudem ergeben, erläuterte Richter, dass die Kosten für eine Behandlung degressiv verliefen. Die Behandlungskosten seien entsprechend der InEK-Daten zu Beginn eines stationären Aufenthaltes besonders hoch und sänken danach auf ein konstantes Niveau. Es entspreche auch der Erfahrung vieler Kliniken, dass Patienten in den ersten Tagen eine intensivere Betreuung benötigten und sich dann stabilisierten. Ein System mit einheitlichen Vergütungssätzen pro Tag unterfinanziere dagegen Patienten mit kurzen Krankenhausaufenthalten und schüfe einen falschen Anreiz, Patienten länger als nötig im Krankenhaus zu behandeln.
Angestelltenbefragung
BPtK-Vizepräsident Dr. Dietrich Munz erläuterte, dass die BPtK gemeinsam mit den Landespsychotherapeutenkammern Anfang des Jahres eine Befragung aller angestellten Psychotherapeuten durchführen werde. Alle angestellten Psychotherapeuten sollen um Auskunft gebeten werden, so z. B. die Psychotherapeuten in Krankenhäusern, in der Kinder- und Jugendhilfe, in den Rehabilitationseinrichtungen genauso wie im Strafvollzug oder in anderen Tätigkeitsfeldern. Damit könnten sowohl die Landespsychotherapeutenkammern als auch die BPtK künftig ihre politische Arbeit empirisch besser fundieren. Mit der Durchführung der Angestelltenbefragung hat die BPtK das IGES Institut beauftragt. Im stationären Bereich solle die Befragung insbesondere dazu dienen, die Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Strukturqualität psychiatrischer und psychosomatischer Einrichtungen adäquat mitentwickeln zu können.
Um die Landpsychotherapeutenkammern und die Gremien der BPtK einzubinden, seien zur Vorbereitung der Befragung zwei Workshops geplant, in denen das Pro-jektkonzept und der Fragebogenentwurf diskutiert und abgestimmt werden. An diesen Workshops nehmen Vertreter der Landespsychotherapeutenkammern, des Ausschusses „Psychotherapeuten in Institutionen“, des Ausschusses der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und der Kommission „Zukunft der Krankenhausversorgung“ teil. Die abschließende Version des Fragebogens werde durch das IGES Institut in enger Abstimmung und Beratung mit einem kleineren Expertenkreis, dem „Review-Board“ erstellt. Für die Befragung selbst werde eine Online-Lösung präferiert, da eine Print-Version höhere Kosten verursache und angesichts der erwartbaren Komplexität des Fragebogens auch praktikabler sei. Geplant sei, die Befragung im Februar durchzuführen. Die angestellten Psychotherapeuten sollen dann von ihren Landespsychotherapeutenkammern ein Informationsschreiben mit der Bitte um Teilnahme erhalten. Die Ergebnisse der Befragung sollen auf dem 22. DPT präsentiert werden. Voraussetzung für den Erfolg sei, so betonte Dr. Munz, eine hohe Teilnehmerquote. Nur wenn die Rücklaufquote für alle Tätigkeitsfelder angemessen hoch ausfalle, könne man künftig auf der Basis repräsentativer Daten politische Arbeit für die Profession leisten.
Bedarfsplanung – Psychisch kranke Menschen müssen weiter warten
Mit Befremden nahmen die Delegierten des 21. DPT die Pläne des G-BA zur Reform der Bedarfsplanung zur Kenntnis. BPtK-Vizepräsidentin Monika Konitzer berichtete, dass sich die Versorgung psychisch kranker Menschen auf dem Land verbessern könne, aber in allen anderen Gebieten eine Verschlechterung drohe. Den geplanten zusätzlichen 1.150 Niederlassungen in ländlichen Regionen stünden bis zu 6.700 abbaubare Praxissitze vor allem in Kreis- und Großstädten gegenüber. Diese Praxen könnten stillgelegt werden, wenn Psychotherapeuten ihren Praxissitz abgäben und dieser von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) aufgekauft würde.
Der G-BA habe für seine Arbeit handfeste Vorgaben durch den Bewertungsausschuss erhalten, erläuterte Konitzer. Der Bewertungsausschuss, eigentlich für Vergütungsfragen zuständig, habe in diesem Jahr Bedarfsplanung betrieben. Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung sei die extrabudgetäre Vergütung der Psychotherapeuten ein zentrales Ziel gewesen. Wachsende Ausgaben für Psychotherapie sollten keinesfalls zulasten anderer Arztgruppen gehen. Die Krankenkassen hätten das Angebot dankend angenommen, da sie eine Begrenzung des Zuwachses an psychotherapeutischen Praxen auf dem Land durchsetzen und gleichzeitig den verstärkten Abbau von Praxen in Kreis- und Großstädten hätten ermöglichen können.
Der politische Auftrag sei eigentlich eindeutig formuliert: Der G-BA sollte die Bedarfsplanung für die ambulante Psychotherapie prüfen und anpassen, wenn dies „zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung“ erforderlich sei: „Die Anpassung der Verhältniszahlen soll damit künftig nicht mehr stichtagsbezogen, sondern allein nach sachgerechten Kriterien erfolgen.“ So stehe es jedenfalls im GKV-Versorgungsstrukturgesetz und seiner Begründung.
Nach dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz sollten außerdem ab dem 1. Januar 2013 überzählige ärztliche und psychotherapeutische Praxen abgebaut werden. § 103 SGB V laute: „Der Zulassungsausschuss kann den Antrag (eines Arztes oder Psychotherapeuten auf Nachbesetzung) ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist.“ Diese Regelung hätte ursprünglich schon am 1. Januar 2012 in Kraft treten sollen. Aufgrund der desolaten Vorgaben der Bedarfsplanung für Psychotherapeuten trete sie jedoch erst am 1. Januar 2013 in Kraft, damit, so die gesetzliche Begründung, „eine Entscheidung des Zulassungsausschusses, mit der die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen abgelehnt wird, (…) auf der Grundlage einer präziseren Bedarfsplanung, die insbesondere im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung erforderlich erscheint, getroffen werden (kann).“
Nun wäre, erläuterte Konitzer, nach der Bedarfsplanung heutiger und voraussichtlich auch künftiger Prägung, in ganz Deutschland die Nachbesetzung eines psychotherapeutischen Praxissitzes scheinbar nicht erforderlich. Auch nach der Reform werde Deutschland im Norden und Süden, im Westen und Osten als psychotherapeutisch überversorgt gelten. In Wirklichkeit klagten aber in ganz Deutschland psychisch kranke Menschen darüber, dass sie nicht rechtzeitig einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz fänden.
Von dem Zuwachs an psychotherapeutischen Praxissitzen auf dem Land werde vor allem Ostdeutschland profitieren. Statt acht werde es dort dann voraussichtlich 16,5 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner geben. Ob dies reiche, bleibe abzuwarten, denn die Versorgungsdichte in den neuen Bundesländern werde damit immer noch weit unterhalb der Westdeutschlands liegen. Dort betrage sie durchschnittlich 26,6 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner. Die Bilanz für die westdeutschen Bundesländer falle dagegen negativ aus. In Bayern z. B. werde es in den ländlichen Regionen circa 230 Niederlassungen zusätzlich geben; insgesamt würden dort aber über 1.000 Praxen als überflüssig ausgewiesen werden. In elf von 16 Bundesländern, und dort vor allem in den Ballungsgebieten, sei die Bilanz der Reform der Bedarfsplanung negativ.
Besonders absurd stelle sich die Situation in Nordrhein-Westfalen dar, so Konitzer. Die fünf Millionen Menschen im Ruhrgebiet warteten, wenn sie einen Psychotherapeuten suchen, im Durchschnitt rund 17 Wochen auf einen ersten Termin.
Die psychotherapeutische Versorgung zwischen Duisburg und Dortmund sei damit noch schlechter als in den ländlichen Regionen. Der Grund dafür sei, dass das Ruhrgebiet in der Bedarfsplanung als „Sonderregion“ behandelt werde. Während die Bedarfsplanung in allen anderen deutschen Großstädten 38,8 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner zulasse, seien es bisher in den Städten an Rhein und Ruhr nur 11,4 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner. Die Menschen im Ruhrgebiet müssten also mit einem Drittel der Psychotherapeuten auskommen, die anderswo üblich seien – obwohl sie nachweislich nicht seltener psychisch erkrankten. Um die psychotherapeutische Versorgung des nordrhein-westfälischen Industriereviers auf das Niveau der anderen deutschen Großstädte anzuheben, wären mindestens 765 Praxen zusätzlich erforderlich. Nach den Plänen des G-BA könne die Sonderregion Ruhrgebiet erst in fünf Jahren aufgelöst werden. Das Ruhrgebiet solle also unterversorgt bleiben. Der G-BA-Beschluss bringe für Nordrhein-Westfalen auch in den ländlichen Regionen wenig. Ländliche Regionen gebe es kaum. In den wenigen Landkreisen entstünden circa 30 Niederlassungen zusätzlich.
Ein Faktor, so Konitzer, könne vielleicht beruhigen: Der Budgetdruck in den KVen werde aufgrund der extrabudgetären Vergütung psychotherapeutischer Leistungen sinken. Zusätzliche Praxen für Psychotherapie gingen nicht mehr zulasten der ärztlichen Honorare. Mehr noch: Die KVen müssten mit ihrem Geld die angeblich abbaubaren Praxissitze aufkaufen, damit die Krankenkasse dann Geld sparen. Es könne allerdings auch nur eine Frage der Zeit sein, bis die Krankenkassen vorschlagen, den Kaufpreis zu übernehmen.
Völlig auf der Strecke bleibe nach den bisherigen Plänen eine Reform der Bedarfsplanung nach sachgerechten Kriterien. Die Bedarfsplanung bleibe stichtagsbezogen, obwohl das Gesetz ausdrücklich etwas anderes fordere. Sie bleibe bei den Psychotherapeuten sogar auf einen Stichtag bezogen, den kein Planer ernst nehmen könne. Die falschen Verhältniszahlen aus dem Jahr 1999 würden voraussichtlich nicht berichtigt. Aus Sicht der BPtK stelle sich die Frage, warum erkannte Planungsfehler nicht beseitigt werden müssen. Durch die falschen Ausgangszahlen aus dem Jahr 1999 werde es für psychisch kranke Menschen keine Bedarfsplanung nach sachgerechten Kriterien geben.
Der DPT forderte einstimmig, die Versorgung von körperlich und seelisch kranken Menschen nach den gleichen Kriterien zu planen. Was für die Berechnung der Anzahl der Ärzte gegolten habe, müsse auch für die Berechnung der Psychotherapeuten gelten. Verantwortungsvolle Politik könne Fehler korrigieren. Versorgungspolitik sei mehr als eine Vergütungsfrage. Eine Politik, die die Behandlung psychisch kranker Menschen ernst nehme, müsse die Wartezeiten deutlich verkürzen.
Angemessene Vergütung psychotherapeutischer Leistungen
Außerdem verabschiedete der DPT eine Resolution zur Honorargerechtigkeit für Psychotherapeuten. Er forderte den Gesetzgeber auf, die bisher nur allgemein gehaltene gesetzliche Bestimmung zur angemessenen Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen im § 87 Absatz 2b SGB V so zu konkretisieren, dass Psychotherapeuten bei gleichem Arbeitseinsatz ein Einkommen erzielen können, wie es jeder im fachärztlichen Versorgungsbereich tätige Vertragsarzt erzielen kann. Außerdem solle ein jährlicher Abgleich der Einkommen der Psychotherapeuten mit denen der Fachärzte gesetzlich vorgeschrieben und die Höhe der Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen je Zeiteinheit dann gegebenenfalls angepasst werden.
Versorgungsorientierte Flexibilisierung der Psychotherapie-Richtlinien
Eine versorgungsorientierte Flexibilisierung der Psychotherapie-Richtlinien sei dringend notwendig, berichtete BPtK-Vorstand Andrea Mrazek. Als Beispiel nannte sie die Versorgung von Patienten mit Schizophrenie. Die international beachtete britische NICE-Leitlinie empfehle für diese Patienten Psychotherapie in allen Phasen der Erkrankung. Die Psychotherapie-Richtlinien geben jedoch vor, dass Psychotherapie nur dann zulässig sei, wenn eine psychische Begleit-, Folge- oder Residualsymptomatik einer psychotischen Erkrankung vorliege. Diese Regelung der Psychotherapie-Richtlinien sei schon seit langem nicht mehr „state of the art“ und reformbedürftig.
Ein weiteres Beispiel sei die Versorgung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Es gebe evidenzbasierte verhaltenstherapeutische sowie psychodynamische Behandlungsansätze. Die Psychotherapie-Richtlinien böten jedoch nicht den adäquaten Rahmen für ihre Anwendung. Bei psychodynamischen Verfahren sei die notwendige Kombination von Einzel- und Gruppentherapie im Grundsatz nicht gestattet. Insgesamt seien die in der Psychotherapie-Richtlinien vorgesehenen Kontingente nicht auf den Versorgungsbedarf von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen zugeschnitten. Schon dieser Punkt mache deutlich, so Frau Mrazek, dass es bei einer Weiterentwicklung der Psychotherapie-Richtlinien nicht um pauschale Kürzungen der Kontingente der Verfahren gehen könne. Man brauche einen versorgungs- und indikationsbezogenen Ansatz. Vor allem müsse man zunächst die Ergebnisse der Überprüfung der Psychotherapieverfahren bei Erwachsenen abwarten. Als erste Maßnahme schlage die BPtK vor, die Diskussion um eine Weiterentwicklung des Gutachterverfahrens voranzutreiben. Dazu plane sie Round-Table-Gespräche. Für die weitere Debatte um die Flexibilisierung der Psychotherapie-Richtlinien solle es spezifische Workshops geben, die eine intensive Debatte innerhalb der Profession ermöglichen. Sie vertraue auf die Bereitschaft der Psychotherapeuten, die Versorgung zu verbessern und gehe im Übrigen davon aus, dass der Bewertungsausschuss hier nicht wie in der Bedarfsplanung, die Arbeit des G-BA übernehme.
Der DPT positionierte sich mit einer einstimmig verabschiedeten Resolution zur Weiterentwicklung der Psychotherapie-Richtlinien. Er wies auf die Risiken hin, dass bei einer Weiterentwicklung ökonomische statt fachliche Erwägungen eine vorrangige Rolle spielen könnten. Insbesondere der notwendige Umfang der Therapien habe sich nur an der Behandlungsindikation und dem Wohl des Patienten nach fachlichen und wissenschaftlichen Kriterien zu orientieren. Einschränkungen bei notwendigen Behandlungen lehnte der DPT entschieden ab.
Perspektiven der Ausbildung – Diskussion um Direktausbildung eröffnet
Nach einer thematischen Einführung von BPtK-Vorstand Peter Lehndorfer berichtete Dr. Volker Grigutsch, Ministerialdirigent im BMG, den Delegierten über die Pläne des BMG zur Reform der Psychotherapeutenausbildung. Das BMG werde in den nächsten Monaten gemeinsam mit den Bundesländern die Option einer Direktausbildung prüfen. Er sicherte den Delegierten zu, dass dies eine ergebnisoffene Prüfung sei. Auch der Vorschlag der BPtK zur Reform der postgradualen Ausbildung werde in Erwägung gezogen. Grigutsch betonte, dass es keine Reform der Ausbildung gegen den Berufsstand geben werde. Er machte aber auch deutlich, dass man mit einer schnellen Novellierung im Sinne einer sogenannten „kleinen Lösung“ nicht rechnen dürfe. Es seien sowohl verfassungsrechtliche Fragen zu klären als auch die Aus- und Weiterbildung anderer akademischer Heilberufe zu beachten. Grigutsch warb für die Option einer Direktausbildung. Seiner Einschätzung nach sei dies mit erheblichen Freiheitsgraden für die Profession verbunden. Es werde dann durch die Approbation keine Begrenzung der psychotherapeutischen Versorgung auf bestimmte wissenschaftlich anerkannte Verfahren mehr geben. Ein weiterer Freiheitsgewinn sei, dass die Profession durch ihre Landespsychotherapeutenkammern mit den Weiterbildungsgängen zentrale Aspekte des Kompetenzprofils der Psychotherapeuten selber festlege. Außerdem sei während der Weiterbildung eine angemessene Vergütung rechtlich durchsetzbar. Sogar eine Aufhebung der derzeitigen Befugniseinschränkungen sei mit einer Direktausbildung möglich. Grigutsch stellte klar, dass das BMG innerhalb einer Reform der postgradualen Ausbildung keinen Raum für Modellvorhaben zu einer Direktausbildung sehe. Modellvorhaben seien innerhalb einer Ausbildungsstruktur denkbar, aber nicht über die bestehenden Ausbildungsstrukturen hinaus möglich. Eine Direktausbildung als Modellvorhaben gehe bei einer Reform der postgradualen Ausbildung deutlich über die Variation innerhalb einer grundlegenden Struktur hinaus.
Die Delegierten des DPT verwiesen demgegenüber auf die Beschlüsse des 16. und 17. DPT, mit denen sich die deutsche Psychotherapeutenschaft mit deutlichen Mehrheiten für eine Reform der postgradualen Ausbildung ausgesprochen hatte. Sie bedauerten, dass die dringlichen Probleme in der Psychotherapie weiter ungelöst blieben. Das seien insbesondere die katastrophale finanzielle Lage der Psychotherapeuten in Ausbildung, während der „Praktischen Tätigkeit“ in psychiatrischen Kliniken und die Gefahr für die Qualität der Versorgung, weil ein Zugang zur Psychotherapieausbildung über Bachelorabschlüsse ermöglicht worden sei. Mehrere Delegierte sprachen sich dafür aus, sich intensiver mit einer grundlegenden Veränderung der Ausbildungsstruktur zu beschäftigen, wie sie mit einer Direktausbildung verbunden wäre.
Thema des DPT waren auch die für den 14. November 2012 geplanten bundesweiten Demonstrationen der Psychotherapeuten in Ausbildung. Das Ziel ist die Verbesserung der Ausbildungsbedingungen und insbesondere eine Vergütung während der Praktischen Tätigkeit. Der DPT erklärte seine Solidarität mit den Psychotherapeuten in Ausbildung und plädierte für eine zügige Verbesserung inakzeptabler Ausbildungsbedingungen, die Gewährleistung des Masters als Zugangsvoraussetzung zur Ausbildung und insgesamt für eine Reform der Ausbildung. Er rief alle Berufskollegen dazu auf, die Initiativen und Aktionen der Psychotherapeuten in Ausbildung zu unterstützen.
Ausbau der Weiterbildungsordnung prüfen
Der DPT beschloss mit großer Mehrheit, die Muster-Weiterbildungsordnung um den Bereich der Gesprächspsychotherapie zu ergänzen. Die Kommission „Zusatzqualifizierung“ hatte hierzu den Delegierten, entsprechend dem Auftrag des 20. DPT, einen fachlichen Regelungsentwurf vorgelegt. Die Muster-Weiterbildungsordnung der BPtK enthält damit Vorgaben für eine Weiterbildung in den Bereichen Klinische Neuropsychologie, Systemische Therapie und Gesprächspsychotherapie. Mit großer Mehrheit votierten die Delegierten des 21. DPT zudem dafür, dass die Kommission „Zusatzqualifizierung“ beauftragt wird, anhand von Leitlinien und empirischen Daten weitere Bereiche zu prüfen, die sich für Weiterbildungsgänge zur Erlangung einer Zusatzbezeichnung für eine psychotherapeutische Mitbehandlung körperlicher Krankheiten eignen. Hierbei sollen insbesondere fachliche, versorgungsbezogene und gesundheitspolitische Gesichtspunkte Berücksichtigung finden.
Haushalt 2013 beschlossen
Der DPT entlastete einstimmig den Vorstand für das Haushaltsjahr 2011 und verabschiedete ebenfalls einstimmig den Haushalt für das Jahr 2013.
Downloads
- Resolution des 21. DPT: Bedarfsplanung am Versorgungsbedarf orientieren0
- Resolution des 21. DPT: Honorargerechtigkeit für Psychotherapeuten0
- Resolution des 21. DPT: Weiterentwicklung der Psychotherapie-Richtlinien nur zum Nutzen der Patienten0
- Resolution des 21. DPT: Seelische Gesundheit in den Betrieben fördern0
- Resolution des 21. DPT: aktuelle PiA-Proteste0
Veröffentlicht am 28. November 2012