Die richtige Behandlung von Depressionen
Nationale Versorgungsleitlinie "Unipolare Depression" veröffentlicht
Erstmals steht in Deutschland eine wissenschaftlich fundierte und breit konsentierte Leitlinie für die Behandlung von Depressionen zur Verfügung. Experten werteten dafür über 1.000 Publikationen der internationalen Forschung aus und destillierten daraus über 100 Empfehlungen für die nachweislich beste Behandlung von depressiven Störungen.
"Damit können Ärzte, Psychotherapeuten und Patienten jetzt auf ein Expertendossier zurückgreifen, das ihnen fundierte Entscheidungen bei der Prävention, Diagnose und Behandlung einer der häufigsten psychischen Störungen ermöglicht", stellt Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. "Die Empfehlungen zeigen deutlich, wie wichtig Psychotherapie für eine erfolgreiche Behandlung von depressiven Erkrankungen ist. Psychotherapie ist sowohl bei leichten als auch schweren oder chronischen Depressionen unverzichtbar. Jeder depressive Patient sollte nach dieser Leitlinie darüber informiert werden, wie wirksam eine psychotherapeutische Behandlung ist."
Nicht jede Depression muss sofort psychotherapeutisch oder mit Medikamenten behandelt werden. Bei leichten depressiven Störungen kann sich der Patient zunächst beraten und anleiten lassen, wie er selbst besser mit gedrückten Stimmungen umgehen kann. Voraussetzung dafür ist jedoch eine differenzialdiagnostische Untersuchung, die einen schweren Verlauf der Krankheit ausschließt. Kommt es innerhalb von zwei Wochen zu keiner Besserung, sollte mit dem Patienten über eine spezifische Behandlung entschieden werden. Hierbei ist die Psychotherapie einer Pharmakobehandlung vorzuziehen. Bei mittelschweren depressiven Störungen sollte den Patienten alternativ eine Psychotherapie oder eine Pharmakobehandlung angeboten werden. Bei schweren und chronischen depressiven Störungen wiederum ist eine Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten angebracht.
Die besondere Stärke der Psychotherapie ist, dass sie anhaltend und längerfristig wirkt, insbesondere wenn sie auch nach dem Abklingen der akuten Symptome als Erhaltungstherapie fortgesetzt wird. Die Wiedererkrankungsrate kann durch eine psychotherapeutische Behandlung wesentlich gesenkt werden. Bei Patienten mit einem erhöhten Rückfallrisiko empfiehlt die Leitlinie deshalb eine längerfristige stabilisierende Psychotherapie.
In Deutschland erkranken jährlich rund vier Millionen Menschen an einer unipolaren Depression. Die unipolare Depression ist die weitaus häufigste Form der Depression und unterscheidet sich von der "bipolaren" affektiven Störung dadurch, dass bei ihr keine manischen Phasen mit übersteigertem Selbstwertgefühl, Überaktivität und situationsunangemessen gehobener Stimmung vorkommen. Jede Depression ist mit einem erheblichen Suizidrisiko verbunden. Depressionen zählen in Deutschland zu den häufigsten Gründen, sich in psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern sowie Rehabilitationskliniken behandeln zu lassen. Häufig treten Depressionen auch zusammen mit körperlichen Erkrankungen auf, z. B. bei Diabetes und Herzkrankheiten.
Die Häufigkeit depressiver Störungen nimmt nach Einschätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den nächsten Jahrzehnten noch weiter zu. Trotz aller medizinischen Fortschritte bestehen bei der Behandlung von Depressionen noch erhebliche Defizite. Verschiedene nationale und internationale Studien weisen darauf hin, dass etwa die Hälfte der depressiven Erkrankungen nicht erkannt wird. Selbst richtig diagnostizierte Patienten erhalten oft keine angemessene Behandlung. In Deutschland mangelt es vor allem an einer optimalen Abstufung und Abstimmung der Diagnostik und Therapie zwischen haus-, fachärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung. Es ist ein Kernanliegen der Nationalen Versorgungsleitlinie "Unipolare Depression", die Abstimmung zwischen den Professionen und Sektoren zu verbessern und die Qualität der Versorgung nachhaltig zu steigern. Im nächsten Schritt soll aus der Expertenversion der Leitlinie "Unipolare Depression" ein Leitfaden für Patienten erarbeitet werden. Die Leitlinie hat eine Gültigkeitsdauer von vier Jahren. Zugleich ist eine kontinuierliche Aktualisierung der Leitlinie geplant, wann immer wichtige neue wissenschaftliche Erkenntnisse bekannt werden.
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Veröffentlicht am 02. Dezember 2009