Gesetzliche Regelungen zur Anpassung psychotherapeutischer Honorare notwendig
BPtK kritisiert Honorarbeschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hält die Entscheidung des Erweiterten Bewertungsausschusses am 22. September 2015 zur Erhöhung der psychotherapeutischen Honorare für äußerst unbefriedigend. Die Kriterien für die Anpassung der psychotherapeutischen Honorare an die Entwicklung der ärztlichen Honorare sind aus Sicht der BPtK an vielen Stellen nicht nachvollziehbar und willkürlich. "Für die regelmäßige Anpassung der psychotherapeutischen Honorare ist deshalb eine gesetzliche Präzisierung der Regelungen im SGB V notwendig", fordert BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz.
Nach mehrjährigen Beratungen hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in der vergangenen Woche endlich eine Anhebung der Vergütung genehmigungspflichtiger Leistungen rückwirkend ab 2012 beschlossen. Danach steigt die Vergütung der genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistung um knapp 2,7 Prozent. Zudem wird ein Zuschlag auf genehmigungspflichtige Leistungen eingeführt, mit dem die Finanzierung des Praxispersonals unterstützt werden soll. Dieser Zuschlag ist allerdings von einer bestimmten Auslastung der Praxis abhängig.
Bei der Überprüfung der Honorare für psychotherapeutische Leistungen haben die Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen die "angemessene Höhe der Vergütung" systematisch nach unten gerechnet. Für die Anpassung der psychotherapeutischen Honorare werden diese mit ärztlichen Honoraren verglichen. Dabei wurden jedoch nicht mehr die besser verdienenden Facharztgruppen der Augenärzte und Orthopäden berücksichtigt. Weiterhin wurden den Berechnungen veraltete Daten aus der Kostenstrukturanalyse von 2007 zugrunde gelegt, obwohl bereits Mitte 2013 die entsprechenden Daten des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2011 vorlagen und im Ergebnis zu einer besseren Vergütung für psychotherapeutische Leistungen geführt hätten.
Darüber hinaus erfolgen die Nachzahlungen lediglich für den Zeitraum ab 2012, obwohl laut Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom Dezember 2013 überprüft werden sollte, ob die seit 1. Januar 2009 gültige Bewertung der antragspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen eine angemessene Vergütung psychotherapeutischer Leistungen sicherstellt. Deshalb wäre auch für die Jahre 2010 und 2011 eine Korrektur erforderlich gewesen.
Weiterhin wurde der Zuschlag für genehmigungspflichtige Leistungen so konstruiert, dass er nur für besonders stark ausgelastete Praxen zum Tragen kommt. Der Zuschlag wird nur für Praxen gezahlt, die allein durch genehmigungspflichtige Leistungen einen Praxisumfang erreichen, der oberhalb von 50 Prozent einer nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an der Belastungsgrenze arbeitenden Praxis liegt (36 genehmigungspflichtige Psychotherapiesitzungen). Bei Praxen mit einem halben Versorgungsauftrag liegt diese Grenze bei 25 Prozent der "voll ausgelasteten" Praxis. Der Zuschlag erhöht sich dann proportional zum Gesamtumsatz an genehmigungspflichtigen Leistungen. "Nicht-genehmigungspflichtige Leistungen bleiben hierbei vollständig unberücksichtigt", kritisiert BPtK-Präsident Munz. Dabei ist es für eine volle Auslastung und die damit assoziierten Praxiskosten unerheblich, zu welchem Teil diese über genehmigungspflichtige oder nicht-genehmigungspflichte zeitgebundene Leistungen erreicht wird. "Alle zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen müssen bei der Konstruktion eines solchen Zuschlags gleichermaßen berücksichtigt werden, auch um künftig die richtigen Anreize für eine bessere, niederschwellige psychotherapeutische Versorgung zu setzen", fordert Munz.
Kritisch zu bewerten ist schließlich, dass nur jene Psychotherapeuten Nachvergütungen erhalten, die Widerspruch gegen ihre Honorarbescheide eingelegt haben. "Das ist für eine Entscheidung, mit der allgemein die psychotherapeutischen an ärztliche Honorare angepasst werden sollen, nicht akzeptabel", stellt der BPtK-Präsident fest.
Der strittige Beschluss und sein außerordentlich langer Vorlauf zeigen, dass nur präzisere gesetzliche Vorgaben eine angemessene Vergütung der zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen sicherstellen können. "Der Bewertungsausschuss muss Vorgaben bekommen, wann und nach welchen Kriterien er die Entwicklung der psychotherapeutischen Honorare überprüfen und anpassen muss", fordert BPtK-Präsident Munz. "Sonst ist keine Honorargerechtigkeit möglich und eine permanente Rechtsunsicherheit für Psychotherapeuten die Folge."
Veröffentlicht am 28. September 2015