GKV-Versorgungsstrukturgesetz: Abbau von Praxen bis 2013 abgewendet
Wochenlange Therapieplatzsuche überfordert psychisch kranke Menschen
Der drohende Abbau von rund 2.000 psychotherapeutischen Praxissitzen ist bis zum Jahr 2013 abgewendet. Erst auf der Grundlage einer präziseren Bedarfsplanung, die der Deutsche Bundestag insbesondere bei der psychotherapeutischen Versorgung für erforderlich hält, kann zukünftig entschieden werden, ob ein Praxissitz stillgelegt wird. Das hat der Deutsche Bundestag heute mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz beschlossen.
Reform der Bedarfsplanung
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hatte auf die erhebliche bundesweite Unterversorgung psychisch kranker Menschen insbesondere in ländlichen Regionen und im Ruhrgebiet hingewiesen. Ursache sind unzureichende Vorgaben zur Relation Einwohner je Psychotherapeut. Die bisherige Berechnung der notwendigen Anzahl psychotherapeutischer Praxen beruht auf überholten Zahlen aus dem Jahr 1999 und unterschätzt den tatsächlichen Bedarf an ambulanter Psychotherapie beträchtlich. „Die Zukunft der psychotherapeutischen Versorgung hängt jetzt wesentlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ab, der erstmalig realistische Kriterien für ein angemessenes Angebot an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen entwickeln soll“, stellt BPtK-Präsident Prof. Dr. Rainer Richter fest. Zukünftig reiche es nicht mehr aus, an einem Stichtag die Anzahl der Praxen zu zählen und sie für ausreichend zu erklären. „Wir brauchen einen neuen Maßstab, der tatsächlich misst, welche Anzahl an psychotherapeutischen Praxen notwendig ist, um psychisch kranke Menschen angemessen zu versorgen“, fordert BPtK-Präsident Richter. „Ziel muss sein, dass psychisch kranke Menschen nicht länger als drei Wochen auf ein erstes Gespräch mit einem niedergelassenen Psychotherapeuten warten müssen.“
Umfrage der Deutschen DepressionsLiga
Psychisch kranke Menschen sind durch überlange Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz im deutschen Gesundheitssystem erheblich benachteiligt. Psychisch Kranke finden kurzfristig keinen Behandlungsplatz und sind aufgrund ihrer Erkrankung auch häufig nicht in der Lage, wochenlang nach einem Therapieplatz zu suchen. Eine Umfrage der Patientenorganisation „Deutsche DepressionsLiga“ bestätigt die Schwierigkeiten von Patienten bei der Suche nach einem ambulanten Psychotherapieplatz. An der anonymen Umfrage beteiligten sich 367 Patienten. 36,6 Prozent gaben an, länger als zwei Monate auf ein psychotherapeutisches Erstgespräch gewartet zu haben. Etwas weniger als die Hälfte der Patienten (48 Prozent) haben tatsächlich innerhalb eines Monats einen Erstgesprächstermin erhalten, aber nur 23 Prozent konnten dann auch mit der Therapie beginnen. Die Wartezeiten stellen eine große Belastung für die depressiv erkrankten Menschen dar. 55 Prozent der Befragten antworteten, dass die Suche nach einem Psychotherapeuten sie sehr belastet habe, knapp die Hälfte (48,2 Prozent) war zeitweise sehr entmutigt. 28,3 Prozent berichteten, dass die vielen Absagen dazu geführt haben, dass es ihnen schlechter ging. 15 Prozent der Betroffenen gaben an, dass sie sich aufgrund der langen Wartezeit in stationäre oder tagesklinische Behandlung begeben haben.
Qualitätssicherung
Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz gewährleistet außerdem die Beteiligung der BPtK an der Arbeit des G-BA im Unterausschuss Qualitätssicherung. Dort wird der G-BA in den kommenden Jahren insbesondere Richtlinien für die psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäuser festlegen sowie Indikatoren zur Beurteilung der sektorübergreifenden Versorgungsqualität entwickeln.
Veröffentlicht am 01. Dezember 2011