Inhumane und lebensgefährdende Regelungen für psychisch Kranke geplant
BPtK kritisiert scharf die Pläne des BMI für ein neues Asylpaket
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) lehnt die geplanten Neuregelungen zu beschleunigten Asylverfahren für psychisch kranke Flüchtlinge als inhuman und lebensgefährdend ab.
"Die Annahme, dass posttraumatische Belastungsstörungen keine erhebliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben darstellen, ist fachlich falsch", erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. "Flüchtlinge, die an dieser psychischen Störung erkranken, sind oft suizidal. 40 Prozent von ihnen hatten bereits Pläne, sich das Leben zu nehmen oder haben sogar schon versucht, sich zu töten. Es ist deshalb unverantwortlich, wenn das Bundesinnenministerium (BMI) plant, Flüchtlinge trotz vorliegender posttraumatischer Belastungsstörung in der Regel abzuschieben."
"Flüchtlinge mit schweren Traumata dürfen nicht mit Tabletten ruhig gestellt werden, um sie abschieben zu können. Das wäre fachlich unverantwortlich und zutiefst inhuman", stellt BPtK-Präsident Munz fest. "Unter Fachleuten besteht Einigkeit: Nach der konsentierten S3-Leitlinie soll eine posttraumatische Belastungsstörung psychotherapeutisch behandelt werden. Ohne Psychotherapie ist ein schweres Trauma nicht wirksam zu behandeln. PTBS-Kranke erhalten in Einzelfällen Beruhigungstabletten, um überhaupt wieder schlafen zu können. Die Verordnung von Beruhigungsmitteln und Psychopharmaka ersetzen aber keine Psychotherapie."
Ereignisse, die als lebensbedrohlich oder als katastrophal erlebt werden und eine tiefe Verzweiflung verursachen, können zu einer schweren psychischen Erkrankung führen. Menschen, die Opfer von Vergewaltigung, Krieg, Vertreibung und Folter wurden, haben ein hohes Risiko eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln. Zu den häufigsten lebensbedrohlichen Erlebnissen, die von Flüchtlingen berichtet werden, gehören Beschuss mit Handfeuerwaffen und Granaten, Hunger und Durst (z. B. während einer Haft), Todesdrohungen und Scheinexekutionen, körperliche Folter, Stromschläge, sexuelle Erniedrigung und Vergewaltigung sowie auch das Miterleben von Hinrichtungen oder Vergewaltigungen.
Veröffentlicht am 23. November 2015