Leitliniengerechte Versorgung bei Magen- oder Darmkrebs gescheitert
Krankenkassen und Ärzteschaft verhindern psychoonkologische Leistungen
Eine leitliniengerechte psychoonkologische Versorgung von Patienten mit Magen- und Darmkrebs ist am 20. Februar 2014 im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) geschei-tert. Eine Koalition von Krankenkassen und Ärzteschaft verhinderte, dass diese Patienten im Rahmen der ambulanten spezialärztlichen Versorgung psychotherapeutische Leistungen wie Einzel- und Gruppeninterventionen im erforderlichen Umfang erhalten. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert diese fachlich nicht zu begründende Entscheidung, nach der Magen- und Darmkrebspatienten nicht nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft versorgt werden. Bei der jetzt beschlossenen Richtlinie „Gastrointestinale Tumore und Tumore der Bauchhöhle“ hatten sowohl der unparteiische Vorsitzende Josef Hecken für eine leitliniengerechte psychoonkologische Versorgung gestimmt als auch das unparteiische Mitglied Dr. Regina Klakow-Franck und die Deutsche Krankenhausgesellschaft.
Bis zu einem Drittel aller Krebspatienten leiden unter behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankungen oder ausgeprägten psychischen Belastungen. Zu den häufigsten psychischen Erkrankungen zählen affektive Störungen, Angststörungen, Anpassungsstörungen und Suchterkrankungen. Unter ausgeprägten psychischen oder „subsyndromalen“ Belastungen werden starke Belastungen gefasst, bei denen mehrere, aber nicht alle diagnostischen Kriterien einer psychischen Erkrankung nach ICD-10 oder DSM-IV vorliegen. Zu den häufigsten Belastungen zählen Überforderung durch die Krebsdiagnose (Distress), chronische Erschöpfung (Fatigue), ausgeprägte Ängste, insbesondere die Angst vor dem weiteren Fortschreiten der Krebserkrankung (Progredienzangst), und Depressivität. Patienten mit solchen psychischen Belastungen benötigen psychosoziale und psychotherapeutische Versorgungsangebote.
Nach der S3-Leitlinie „Psychoonkologie“, die am 4. Februar 2014 veröffentlicht wurde, sollen bei allen Patienten mit einer Krebserkrankung die psychischen Belastungen re-gelmäßig erfasst werden. Weiter empfiehlt die Leitlinie folgende psychoonkologische Leistungen:
• bei starken Belastungen eine weiterführende psychotherapeutische Diagnostik,
• das Angebot psychotherapeutischer Einzel- und/oder Gruppeninterventionen für Patienten mit „subsyndromalen“ Belastungen,
• bei komorbiden psychischen Erkrankungen eine Behandlung nach den verfügbaren Leitlinien für die jeweilige Erkrankung (gemäß Psychotherapie-Richtlinie).
Mit der ambulanten spezialärztlichen Versorgung ermöglicht es der Gesetzgeber ambulanten Leistungserbringern und Krankenhäusern, spezielle Versorgungsangebote für Patienten mit schweren Erkrankungen anzubieten. Die dafür notwendige Richtlinie mit den grundsätzlichen Anforderungen liegt seit März 2013 vor. Sie wird derzeit für die einzelnen Erkrankungen und Leistungen konkretisiert. Die erste Anlage hat der G-BA am 19. Dezember 2013 für die Tuberkulose beschlossen. Nun folgten die gastrointestinalen Tumore und Tumore der Bauchhöhle.
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Veröffentlicht am 24. Februar 2014