Mehr Behandlungsplätze statt Krankengeld für psychisch Kranke
Internationaler Tag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober
Der Anteil psychischer Erkrankungen bei betrieblichen Fehltagen nimmt seit 1990 ständig zu. Die Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen sind überdurchschnittlich lang, im Durchschnitt 30 Tage. Arbeitnehmer mit einer Depression fehlen im Schnitt sogar 39 Tage. Die gesetzlichen Krankenversicherungen geben mittlerweile mehr Geld für Krankengeld als für die ambulante psychotherapeutische Behandlung von psychischen Krankheiten aus.
„Psychisch kranke Menschen erhalten häufig viel zu spät eine Behandlung. Überall in Deutschland fehlen Therapieplätze“, kritisiert Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Die Krankenkassen sollten mehr Geld in die rechtzeitige Behandlung von psychisch kranken Menschen investieren und nicht zuschauen wie die Ausgaben für Lohnersatzleistungen ständig steigen.“ Nach BPtK-Berechnungen fehlen in Deutschland rund 4.000 psychotherapeutische Praxen.
Berechnungen auf Basis der Daten der Techniker Krankenkasse und der Betriebskrankenkassen zeigen, dass gut ein Viertel der Krankengeldausgaben (zwei Milliarden Euro) auf psychische Erkrankungen zurückgeht. Somit liegen die Aufwendungen für Krankengeld aufgrund psychischer Erkrankungen über den Ausgaben für ambulante Psychotherapie in Höhe von 1,7 Milliarden Euro.
Nach Berechnungen der BPtK gingen im Jahr 2011 circa fünf Prozent aller Krankschreibungsfälle auf psychische Erkrankungen zurück. Durch die lange Dauer der Krankschreibungen hat dies zu einem Anteil von 12,5 Prozent der betrieblichen Fehltage geführt. Psychische Erkrankungen führen außerdem immer häufiger zur Erwerbsunfähigkeit: Der Anteil der Renten aufgrund psychischer Erkrankungen hat sich von 15,4 Prozent im Jahr 1993 auf 39 Prozent im Jahr 2010 mehr als verdoppelt. In absoluten Zahlen gab es einen Anstieg von 41.409 Neuberentungen im Jahr 1993 auf 70.964 im Jahr 2009, das bedeutet einen Anstieg von mehr als 70 Prozent. Dadurch entstehen Kosten in Höhe von mehr als vier Milliarden Euro pro Jahr.
Veröffentlicht am 09. Oktober 2012