Muttersprachliche Behandlungsangebote und Dolmetscherdienste nicht ausreichend
Unabhängige Patientenberatung veröffentlicht Monitor Patientenberatung 2015
Mangelndes Wissen, sprachliche Schwierigkeiten und kulturelle Einflüsse erschweren es Migranten, sich im deutschen Gesundheitssystem zurechtzufinden. Dies ist eines der Ergebnisse des Monitor Patientenberatung 2015, den die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) heute veröffentlicht hat.
Fehlende muttersprachliche Angebote beeinflussen danach immer wieder den Behandlungsverlauf. Es gebe zwar je nach Region mehr oder weniger Ärzte, die türkisch, russisch oder eine andere Sprache sprechen. Das Netzwerk der multilingualen Behandlungsangebote sei aber nicht transparent und gerade im ländlichen Bereich nicht dicht genug. Die UPD kritisiert, dass Patienten und Ärzte „ständig improvisieren“ müssten, weil auch Dolmetscherangebote nur sehr begrenzt zur Verfügung ständen. Dringend benötigt würden zudem Patienteninformationen in unterschiedlichen Sprachen. Dies betreffe evidenzbasierte Patienteninformationen und Entscheidungshilfen ebenso wie Grundlageninformationen zum deutschen Gesundheitssystem.
Als besonders kritisch bewertete die UPD den Status von Asylsuchenden und geduldeten Ausländern. Es sei eine Überforderung in der Beratung, einem Asylsuchenden mitteilen zu müssen, dass die Behandlung nur in besonders schwerwiegenden Fällen übernommen werde. Das gilt aus Sicht der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) insbesondere auch für die Behandlung von psychischen Erkrankungen mit Psychotherapie, die häufig nicht bezahlt werde. Flüchtlinge leiden jedoch häufig unter schweren psychischen Erkrankungen aufgrund von traumatischen Erlebnissen im Heimatland oder auf der Flucht, die dringend behandelt werden müssen. Deshalb fordert die BPtK seit langem eine bessere psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen und insbesondere die gesicherte Finanzierung von Dolmetscherleistungen.
Um den sprachlichen, kulturellen, religiösen und soziokulturellen Besonderheiten von Menschen aus Migrantenfamilien besser gerecht zu werden, hat die UPD ein muttersprachliches interkulturelles Beratungsangebot in türkischer und russischer Sprache konzipiert und eingeführt. In Nürnberg, Dortmund, Berlin, Ludwigshafen und Stuttgart bietet sie eine kostenfreie persönliche Beratung vor Ort an. Darüber hinaus betreibt sie eine bundesweite Hotline zur kostenlosen Telefonberatung in türkischer und russischer Sprache. Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 3.135 muttersprachliche Beratungsgespräche geführt, wobei die Beratungszahlen im russischsprachigen Bereich mit 1.891 Beratungskontakten deutlich höher liegen als die Anzahl der türkischsprachigen Beratungsgespräche mit 985 Kontakten.
Veröffentlicht am 10. September 2015