Neue Bundesregierung will Wartezeiten für psychisch Kranke verringern
BPtK kritisiert Ruck-Zuck-Mentalität der Krankenkassen
Wartezeiten für psychisch kranke Menschen von mehr als drei Monaten sind auch einer neuen Bundesregierung zu lang. CDU/CSU und SPD planen, die Versorgung psychisch kranker Menschen auszubauen. „Damit psychisch kranke Menschen schneller Zugang zur Psychotherapie erhalten, müssen flächendeckend offene Sprechstunden ermöglicht werden für eine Erstuntersuchung und Indikationsstellung“, fordert Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Patienten, bei denen ein Behandlungsbedarf festgestellt wird, brauchen in angemessener Frist eine Versorgung. Aus Sicht der BPtK müssen dafür Beratungs- und Therapieangebote erheblich flexibler und bürokratieärmer gestaltet werden. Notwendig sind außerdem der Ausbau von themen- oder krankheitsspezifischer Gruppenpsychotherapie, aber auch die Entwicklung weiterer ergänzender Angebote wie z. B. eine qualitätsgesicherte mediengestützte Selbsthilfe. Zur Differenzierung des psychotherapeutischen Leistungsangebots gehört zudem eine Reform der Psychotherapie-Richtlinie, die sicherstellt, dass bei chronisch kranken Menschen erfolgversprechende Psychotherapien nicht mehr ab-gebrochen werden müssen. Schließlich ist der flächendeckende Aufbau einer vernetzten, multiprofessionellen, ambulanten Versorgung für schwer psychisch kranke Menschen dringend, um ihnen vermeidbare Krankenhauseinweisungen zu ersparen.
Die BPtK kritisiert, dass die Ruck-Zuck-Mentalität der Krankenkassen Eingang in die gesundheitspolitische Agenda der großen Koalition gefunden hat. Schon jetzt sind rund die Hälfte der durchgeführten Psychotherapien Kurzzeittherapien, also Therapien mit maximal 25 Sitzungen. „Pauschale Forderungen der Krankenkassen nach einem Ausbau der Kurzzeittherapie sind deshalb unsinnig. Stets ist zu berücksichtigen, dass Menschen häufig an mehreren psychischen Störungen erkranken oder bei schweren, komplexen oder chronischen Krankheitsverläufen deutlich längere Behandlungen benötigen“, so BPtK-Präsident Richter.
Die BPtK fordert schließlich eine nationale Antistigma-Kampagne. Im Rahmen eines Aktionsprogramms „Psychische Gesundheit“ sollten wirksame Präventionsansätze ressortübergreifend zusammengeführt und gestärkt werden. Durch frühzeitige und niedrigschwellige Maßnahmen können psychische Erkrankungen vermieden, die Versorgungssysteme entlastet und Wartezeiten auf eine leitliniengerechte Behandlung deutlich verkürzt werden.
Veröffentlicht am 27. November 2013