„Psychotherapeuten meist weit besser informiert“
BPtK-Präsident Munz zur Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit
Der Präsident der Bundesärztekammer Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery hat zu seinem Abschied einen standespolitischen Salto rückwärts vorgeführt. Mit seiner Kritik an der Psychotherapeutenausbildung verweigert er Teamfähigkeit und Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen. Das ist ein ärztliches Selbstverständnis von vorgestern. BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fordert von Herrn Montgomery: Ärzte sollten akzeptieren, dass andere Gesundheitsberufe Aufgaben ebenbürtig erbringen können.
BPtK-Präsident Munz erklärt: „Psychotherapeuten können verlässlich einschätzen, ob ein Patient aufgrund seiner psychischen Erkrankung arbeitsfähig ist. Es gehört grundsätzlich zur psychotherapeutischen Behandlung, die berufliche Situation des Patienten in die Behandlung einzubeziehen und zu ergründen, ob sie auch einer der Gründe für die psychische Erkrankung ist oder ob sie den Gesundungsprozess aufgrund ihrer stabilisierenden Wirkung unterstützen kann. Deshalb ist es unverständlich und für Patienten nachteilig, dass Psychotherapeuten keine AU-Bescheinigungen ausstellen dürfen.
Die Reform des Psychotherapeutengesetzes ist die passende Gelegenheit, die besonderen Kompetenzen von Psychotherapeuten bei Krankschreibungen aufgrund psychischer Ursachen zu nutzen. Erstaunlich ist allerdings, dass sich einige ärztliche Kollegen gegen eine solche Befugnis für Psychotherapeuten aussprechen. Alle fachlichen Argumente sprechen dafür. Psychotherapeuten kennen die Belastungen ihrer Patienten am Arbeitsplatz in der Regel noch besser als mitbehandelnde Ärzte. Aufgrund der umfassenden psychotherapeutischen Diagnostik und Anamnese, aber auch der regelmäßigen Behandlungstermine sind sie über die konkrete Situation ihrer Patienten am Arbeitsplatz meist weit besser informiert.
Welche Sorge treibt ärztliche Kollegen also um, wenn sie es ablehnen, dass Psychotherapeuten Arbeitsunfähigkeit beurteilen? Bisher haben nur Ärzte die Befugnis AU-Bescheinigungen auszustellen. Zu unserem Gesundheitssystem gehört es jedoch schon lange, vielfältige Kompetenzen im Interesse der Patienten zu nutzen. Ein Teil der Ärzteschaft stellt berufsständische Interessen vor das Wohl der Patienten. Die Patienten würden jedoch davon profitieren, wenn Psychotherapeuten die Befugnis zur Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit erhalten.“
Veröffentlicht am 29. Mai 2019