Viele PKV-Tarife leisten weniger als die GKV
Unzureichender Versicherungsschutz bei psychischer Erkrankung
Privatversicherte müssen im Krankheitsfall teils deutliche Versorgungslücken fürchten. Mehr als 80 Prozent der Tarifsysteme der Privaten Krankenversicherung (PKV) leisten demnach weniger als die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). „PKV-Billigtarife und andere PKV-Tarife werden mit teilweise existenziellen Leistungsausschlüssen im Krankheitsfall verkauft“, stellt das Kieler Institut für Mikrodaten-Analyse und die Beratungsfirma PremiumCircle Deutschland GmbH fest.
Als besonders problematisch werden die fehlenden oder eingeschränkten Leistungen bei psychotherapeutischen Behandlungen angesehen. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hatte schon mehrfach auf diese Missstände hingewiesen. Bürgern, die zur PKV wechseln, ist häufig nicht klar, dass Leistungen, die in gesetzlichen Kassen für selbstverständlich sind, in vielen PKV-Tarifen nicht enthalten sind. „Entgegen den eigenen hohen Qualitätsansprüchen bieten private Kassen häufig nur einen mangelhaften Versicherungsschutz bei psychischen Krankheiten“, kritisiert BPtK-Präsident Prof. Dr. Rainer Richter.
Die Studie prangert auch die undurchsichtige Tarifstruktur der Privatversicherer an. "Werden alle Kombinationen ausgeschöpft, sieht sich der Versicherte einem PKV-Versicherungsmarkt mit mindestens 250.000 Preisen gegenüber", sagt Claus-Dieter Gorr, Geschäftsführer der PremiumCircle Deutschland GmbH. In einem solchen Tarifdschungel ist es für den Verbraucher schwierig zu erkennen, ob existentielle Versicherungsrisiken wie eine psychische Erkrankung ausreichend abgedeckt sind. „Es darf nicht sein, dass der Verbraucher mit Chefarztbehandlung gelockt wird, bei schweren Erkrankungen wie Depression aber alleine gelassen wird“, so der BPtK-Präsident.
Versicherungslücken sind für den Bürger mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden: Jeder dritte bis vierte Bürger muss damit rechnen, im Laufe seines Lebens mindestens einmal psychisch krank zu werden. In der PKV sind rund neun Millionen Deutsche versichert, vor allem Beamte, Selbstständige und besser verdienende Angestellte.
Veröffentlicht am 29. Juni 2012