Novellierung des Unterbringungsrechts für psychisch kranke Straftäter
BPtK für höhere Anforderungen an externe Gutachter
Die Bundesregierung plant eine Reform des Unterbringungsrechts. Bei der Unterbringung psychisch kranker oder suchtkranker Straftäter in psychiatrischen Krankenhäusern (Maßregelvollzug/forensische Psychiatrie) war insbesondere auch die Qualität der Sachverständigengutachten, wie z. B. im Fall Mollath, in die öffentliche Kritik geraten. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hält die Anforderungen an externe Sachverständige, wie sie jetzt der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vorsieht, noch nicht für ausreichend.
Bei einer Unterbringung für psychisch kranke oder suchtkranke Straftäter geht es im Gerichtsverfahren um die Beantwortung der Frage von Schuldfähigkeit (§ 20 StGB), verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) oder um eine Prognose zur Gefährlichkeit aufgrund der psychischen Erkrankung des Angeklagten durch einen Gutachter. Dabei ist heilkundliches Wissen zur Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen unabdingbar. Nur so kann sichergestellt werden, dass die entsprechende Fachkenntnis zur umfassenden Beschreibung und Analyse der Auswirkungen vorliegt, die die Erkrankung auf die Entwicklung einer Person, ihrer Verhaltensmuster und der aufrechterhaltenden Bedingungen delinquenter Verhaltensweisen hat. Die genannten Fachkenntnisse können bei Psychologischen Psychotherapeuten oder Fachärzten für Psychiatrie oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vorausgesetzt werden und nicht, wie im Gesetz auch genannt, bei Rechtspsychologen ohne Approbation. Die BPtK schlägt deshalb vor, als Sachverständige nur Psychologische Psychotherapeuten oder Fachärzte für Psychiatrie bzw. Psychosomatische Medizin zuzulassen, die zusätzlich über ausreichend Erfahrung in der forensischen Psychiatrie sowie entsprechende Fachkenntnisse in der Gutachtenerstellung verfügen.
Zusätzlich hat die BPtK zu der Frage Stellung genommen, ob die Unterbringung suchtkranker Straftäter in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) auch dann möglich sein soll, wenn die Behandlung voraussichtlich länger als zwei Jahre dauert. Die BPtK hält dies für sinnvoll, weil eine Suchterkrankung bei Straftätern häufig mit komorbiden Persönlichkeitsstörungen und erschwerenden sozialen Faktoren einhergeht, die häufig eine Behandlungsdauer von über zwei Jahre erfordern. Die Erfolgsaussicht einer Behandlung kann außerdem besser im Behandlungsverlauf als zum Zeitpunkt der Entscheidung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt beurteilt werden. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnten bisher keine validen prognostischen Kriterien zur Prognose des Behandlungsverlaufs in einer Entziehungsanstalt gefunden werden.
Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht außerdem eine stärkere Fokussierung der Unterbringung in der forensischen Psychiatrie auf gravierende Fälle, eine zeitliche Begrenzung der Unterbringung bei weniger schwerwiegenden Fällen sowie eine Konkretisierung der Anforderungen an die Fortdauer der Unterbringung vor. Externe Gutachten, mit denen eine Unterbringung verlängert wird, sollen zukünftig alle drei Jahre und nicht mehr nur alle fünf Jahre erfolgen. Diese Qualitätssicherung durch einen Blick von außen ist aus Sicht der BPtK positiv zu bewerten. Mit der Vorlage des Kabinettsentwurfs ist im Herbst 2015 zu rechnen.
Literatur:
Kemper A (2008): Fehleinweisungen in die Entziehungsanstalt, Recht & Psychiatrie 26, 15-26.
Lindemann V et al. (2013): Psychiatrische Prognosen für den Behandlungserfolg in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB), Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, 20 (2): 37-63.
Querengässer J et al. (2015): Outcomeprädiktoren forensischer Suchtbehandlungen, Recht & Psychiatrie 33, 34-41.
Schalast N et al. (2009): Zur Prognose des Behandlungsverlaufs bei strafrechtlicher Unterbringung in der Entziehungsanstalt. Sucht, 55 (1), 19-29.
Veröffentlicht am 31. Juli 2015