Workshop "Neues Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik"

Am 17. März 2010 führte die BPtK einen Workshop zur Einführung des neuen Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen durch. In ihrer Begrüßung betonte Andrea Mrazek, Vorstand der BPtK, dass Psychotherapie bei allen psychischen Erkrankungen als Mittel der Wahl oder in Kombination mit Pharmakotherapie indiziert sei. Die Entwicklung des neuen Entgeltsystems sei nicht zuletzt aus diesem Grund auch für Psychotherapeuten ein wichtiges Thema. Die BPtK habe sich deshalb bereits von Beginn an intensiv beteiligt. Für eine fundierte Positionierung zum neuen Entgeltsystem sei es notwendig, genau zu verstehen, wie die einzelnen Systemelemente funktionierten. Dieser Workshop solle das notwendige Wissen vermitteln.Dr. Wulf-Dietrich Leber vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung gab einen Überblick über die Entwicklung des Entgeltsystems, die mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz am 1. Januar 2009 initiiert wurde. Die Vertragspartner hätten bereits jetzt die Grundstrukturen des neuen Entgeltsystems vereinbart. Dazu gehörten u. a. das Verfahren, mit dem Bewertungsrelationen ermittelt werden, das Kalkulationsverfahren sowie die sachgerechte Auswahl von Krankenhäusern. Der Zeitplan sehe vor, die Datenübermittlung und Leistungserfassung mit dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) durch die Kalkulationshäuser in engem Kontakt mit dem InEK in den Jahren 2010 und 2011 zu erproben und zu verfeinern. Auf der Basis der Daten aus dem Jahr 2011 müssten dann im Jahr 2012 die ersten Entgelte und Bewertungsrelationen festgelegt werden. Die budgetneutrale Einführung des neuen Entgeltsystems erfolge dann zum 1. Januar 2013.Ziel eines pauschalierten Entgeltsystems sei es, den gleichen Preis für gleiche Leistungen zu bezahlen. Aktuell unterschieden sich die Kosten beispielsweise für eine Depressionsbehandlung, je nachdem in welchem Krankenhaus oder Bundesland der Patient behandelt werde. Auch die durchschnittlichen Verweildauern in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen wichen stark voneinander ab - auch dies sei aus Krankenkassensicht ein Problem, dem nachgegangen werden müsse. Die Einführung eines pauschalierten Entgeltsystems erfordere parallel auch die Einführung von externen Qualitätssicherungsmaßnahmen. In einem pauschalierten Entgeltsystem könnten sonst Anreize entstehen, Behandlungskosten zu senken, indem das Qualitätsniveau abgesenkt oder die Aufnahme der Patienten beeinflusst (Risikoselektion) werde.Einen konkreten Einblick in die Methode der Kostenkalkulation gab Dr. Holger Hänsch von der AMEOS Gruppe. Er erläuterte, dass die Aufgabe des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) darin bestehe, anhand von Krankenhausdaten auf empirischem Weg kosten- oder aufwandshomogene Patientengruppen zu ermitteln, anhand derer dann Bewertungsrelationen gebildet würden. Beispielsweise könne ein Patient mit der Diagnose einer leichten Depression das Gewicht 1 erhalten und ein Patient mit einer schweren Depression das Gewicht 1,5. Das hieße, dass ein Patient mit einer schweren Depression im Verhältnis zu einem Patienten mit einer leichten Depression aufwändiger zu behandeln und damit kostenintensiver sei.Die Kostenkalkulation durch das InEK erfolge auf der Basis einer Kostenträgerrechnung. Hierzu würden alle pro Behandlungsfall anfallenden Kosten einbezogen (Vollkostenrechnung) und nicht nur - wie häufig angenommen - die Leistungen, die mit dem OPS dokumentiert werden können. Aufgabe des OPS sei es, besonders aufwändige Leistungen bzw. solche Leistungen zu erfassen, die zur Einstufung in verschiedene Kostenpauschalen führen ("Trigger"-Funktion).Den Entwicklungsprozess und die Leistungsziffern des neuen OPS für die Psychiatrie und Psychosomatik stellte Dr. Birgit Krause vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) vor. Der OPS werde in einem jährlichen Revisionsverfahren entwickelt und weiterentwickelt. Vorschläge für Veränderungen von bestehenden Kodes oder neue Kodes könnten jedes Jahr bis Ende Februar beim DIMDI eingereicht werden. Dabei betonte Dr. Krause, dass diese Vorschläge bessere Erfolgsaussichten hätten, wenn sie bereits abgestimmt und im Namen mehrerer Organisationen oder Fachgesellschaften gemeinsam eingereicht würden. Zusätzlich zu den Anträgen aus dem Revisionsverfahren könne auch das InEK Anforderungen für die Klassifikation, die sich aus der Kalkulation ergäben, formulieren. Die Entscheidung, welche Kodes verändert oder neu aufgenommen würden, liege zuletzt beim DIMDI. Das DIMDI würde hierzu aber auch den Austausch mit den Fachgesellschaften und Hinweise aus der Praxis als wichtig ansehen.Dass die Leistungen, die durch Psychotherapeuten in Ausbildung erbracht werden, nicht erfasst würden, habe rein ökonomische Gründe, erläuterte Dr. Krause. Wenn diese Leistungen vergütet würden, könnten sie durchaus erfasst werden. Solange bestehe allerdings die Gefahr einer systematischen "Unterbewertung" der psychotherapeutischen Leistungen. Weitere wichtige Hinweise zur Anwendung des OPS bezogen sich darauf, dass Therapieeinheiten nicht zusammengezählt werden könnten, um auf 25 Minuten zu kommen. Führen zwei Therapeuten eine Gruppentherapie gemeinsam durch, könne jeder Therapeut die eigene Leistung kodieren.Im letzten Vortrag berichtete Hermann Schürmann, Sprecher der BPtK-Kommission "Zukunft der Krankenhausversorgung", von der konkreten Umsetzung der Dokumentationsvorgaben im Krankenhaus. Er betonte, dass der OPS in seiner jetzigen Form gut geeignet sei, die Psychotherapie im Krankenhaus sichtbar zu machen, und warb bei seinen Kollegen dafür, den Umsetzungsprozess konstruktiv zu begleiten. "Mit der entsprechenden Unterstützung durch ein Klinikinformationssystem ist der Mehraufwand, der durch die Dokumentation entsteht, gut zu schultern."Schwerpunktthemen der abschließenden Diskussion waren Möglichkeiten der Leistungserfassung für Psychotherapeuten in Ausbildung, die Berücksichtigung des Mehraufwandes, den die Behandlung von besonderen Gruppen wie Migranten bedeutet, sowie weitere Aktivitäten der BPtK bei der Entwicklung des neuen Entgeltsystems.