13. Kinder- und Jugendbericht
Gesundheit zentrales Thema
Der 13. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung fordert eine bessere Vernetzung von Jugendhilfe, Sozialhilfe und Gesundheitswesen.
Der Bericht, der jetzt öffentlich vorliegt, behandelt erstmals die Themen Gesundheitsförderung und gesundheitsbezogene Prävention bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland und gibt Empfehlungen für den Beitrag der Kinder- und Jugendhilfe. Er plädiert für eine bessere Koordination der Angebote, mit denen Familien unterstützt werden. Es mangele nicht an Konzepten zur Prävention und Gesundheitsförderung, Ziel müsse es sein, die Angebote verbindlicher zu verzahnen.
Der 13. Jugendbericht beschreibt dazu die besonderen gesundheitlichen Risiken von Kindern und Jugendlichen, u. a.:
Kindesmisshandlung und -missbrauch: Schätzungsweise wenden 10 bis 15 Prozent aller Eltern schwerwiegende und relativ häufig Körperstrafen bei ihren Kindern an. Zu Vernachlässigung und Misshandlung kommt es vermehrt in Familien mit sozialer Randständigkeit, bei psychischen Erkrankungen (z. B. Depression) sowie Substanzmissbrauch der Eltern. Besonders gravierend sind die Auswirkungen auf Säuglinge und Kleinkinder, bei denen Vernachlässigung und Misshandlung schneller zum Tode führen können als in jedem anderen Alter. Gewalt und Vernachlässigung beeinträchtigen zudem auf massive Weise kurz- und langfristig die gesamte Entwicklung eines Kindes. Misshandelte Kinder weisen meist Entwicklungs- und Verhaltensprobleme insbesondere im zwischenmenschlichen Bereich auf und tragen ein hohes Risiko, als Kind oder Erwachsener psychisch zu erkranken, wobei die ursprüngliche traumatische Vorgeschichte dann oft nicht mehr als Ursache erkannt wird.
ADHS/Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen: Die Therapie mit Psychopharmaka ist bei speziellen Symptomen und Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter Teil eines mehrere Ebenen umfassenden Behandlungskonzeptes, das auch begleitende psychotherapeutische Behandlungen und Ansätze im sozialen Nahraum einschließt - oder zumindest sollte es so sein. Dies gilt im Besonderen für ADHS, aber auch für Angsterkrankungen und depressive Störungen. Die Verordnungszahlen für auf das Nervensystem wirkende Arzneimittel steigen in den letzten Jahren kontinuierlich. Laut den Erhebungen des KiGGS gehören diese Medikamente mit 7,9 Prozent zu den am häufigsten angewandten Medikamenten bei unter 18jährigen. Insbesondere im Zusammenhang mit der Verordnung von Psychostimulanzien des Wirkstoffs Methylphenidat (Handelsname: z. B. Ritalin® oder Medikinet®) bei ADHS ist das Thema ins öffentliche Bewusstsein gelangt. Die Verordnungen von Methylphenidat haben im Laufe des letzten Jahrzehnts in Deutschland drastisch zugenommen. Experten befürchten derzeit eine Über-, Unter- und Fehlversorgung bei Heranwachsenden. Vor allem in der Altersspanne von sieben bis unter 14 Jahren stehen Psychostimulanzien auf den vorderen Plätzen der Verordnungs- und Ausgabezahlen im Jahr 2007, wobei sie in der Altersgruppe der 11- bis 14jährigen an der Spitze der Verordnungen noch vor Präparaten gegen Erkältungskrankheiten liegen.
Depressive Erkrankungen bei Jugendlichen: Bei einer oft unterschätzten Zahl von Jugendlichen verfestigen sich negative Gefühle und führen zu einem ausgedehnten, von zusätzlichen Symptomen und Beeinträchtigungen begleiteten psychischen Problem, das bis zu einer depressiven Erkrankung führen kann. Die depressive Erkrankung und der damit verbundene Leidensdruck können bis hin zum Suizid führen. Gesellschaftspolitische Relevanz erfährt dieses Erkrankungsspektrum durch seine hohe Prävalenz sowohl im Kindes- und Jugend- als auch im Erwachsenenalter, den für die Erkrankten bestehenden hohen Leidensdruck, den oftmals ungünstigen Verlauf und eine nicht immer bedarfsgerechte ärztlich-medizinische und therapeutische Versorgungssituation. Des Weiteren ergibt sich ein gesundheits- und gesellschaftspolitischer Handlungsbedarf daraus, dass unbehandelte depressive Erkrankungen die Tendenz zu einem progressiven Verlauf mit der Gefahr von Rückfällen, einer Chronifizierung sowie zur Entwicklung von Begleiterkrankungen (z. B. Angststörungen) haben.
Kinder psychisch, sucht- und körperlich kranker Eltern: Konservativ geschätzt sind etwa 1,6 Mio. Minderjährige in Deutschland vom Erleben psychischer Krankheit bei einem oder bei beiden Elternteilen betroffen. Von zeitweiser oder dauerhafter elterlicher Alkoholabhängigkeit/-missbrauch sind etwa 2,65 Mio. Heranwachsende unter 18 Jahren zeitweise oder dauerhaft betroffen. Mehr als ein Drittel der Drogenabhängigen in Deutschland hat Kinder; konservativ geschätzt, ist davon auszugehen, dass in Deutschland bis zu 50.000 Kinder drogenabhängiger Eltern leben. Zentrale Probleme von Familien mit kranken Elternteilen sind zum einen das erhöhte Risiko der genetischen Übertragung der elterlichen Erkrankung, zum anderen begünstigen elterliche Erkrankungen das (kumulierte) Auftreten von Belastungsfaktoren wie eheliche Konflikte, familiäre Disharmonien, Scheidung, Störungen in der Eltern-Kind-Bezieh¬ung, inadäquate soziale Unterstützung und soziale Isolation sowie eingeschränkte Lebensbedingungen (z. B. Arbeitslosigkeit, finanzielle Schwierigkeiten und problematische Wohnverhältnisse). Wenn Eltern unter einer ernsthaften Erkrankung leiden, zeigen Kinder und Jugendliche aller Altersstufen ein erhöhtes Risiko für körperliche Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, psychische Störungen und Suchtmittelabhängigkeit.
Veröffentlicht am 29. Mai 2009