4. Deutscher Psychotherapeutentag am 9. Oktober 2004 in Stuttgart
Auf dem 4. Deutschen Psychotherapeutentag, der diesmal in Stuttgart stattfand, standen insbesondere der Haushalt 2005, die Vorbereitung einer Muster-Berufsordnung und die Diskussion einer Muster-Weiterbildungsordnung auf der Tagesordnung.
Erstmalig konnten auch die Delegierten der Psychotherapeutenkammer des Saarlandes begrüßt werden, die nach ihrer Gründung im Frühjahr der Bundespsychotherapeutenkammer beigetreten ist.
Bericht des Vorstandes
Die Arbeit des Vorstandes der BPtK in den vergangen sechs Monaten stellte der Präsident Detlev Kommer in seiner Präsentation dar.
Ein bundespolitisch vorrangiges Ziel ist die Einführung der Health Professional Card (HPC) auch für Psychotherapeuten. Dieser elektronische Berufsausweis soll zukünftig in der Gesundheitsversorgung den Zugang zu Patientendaten verbessern, um die Effizienz und Effektivität im Gesundheitswesen zu erhöhen. Im Gegensatz zu anderen verkammerten Berufen der Gesundheitsversorgung finden Psychotherapeuten gegenwärtig im §291a SGB V keine Berücksichtigung. Die BPtK bereitet eine Stellungnahme zum Verwaltungsverfahrensvereinfachungsgesetz vor, um diesem Umstand abzuhelfen. Psychotherapeuten müssen zukünftig über die Möglichkeit verfügen, die Funktionalitäten der HPC zu nutzen, um ihrer Sorgfaltspflicht als Therapeuten gerecht werden zu können und abzuklären, wie die gesamte gesundheitliche Situation eines Patienten ist.
Hinsichtlich des Präventionsgesetztes, das voraussichtlich Mitte 2005 in Kraft treten wird, sieht der Vorstand die Aufgaben der BPtK vor allem darin, auf eine stärkere Berücksichtigung psychologischer Aspekte in edukativen Präventionsprogrammen hinzuwirken. Reine Informationsvermittlung ist nicht state of the art. Es muss auf den wichtigen Beitrag aufmerksam gemacht werden, den die Profession diesbezüglich leisten kann. Erste Schritte zur Positionierung gegenüber Vertretern des BMGS und der AOK wurden bereits anlässlich eines ersten Präventionsworkshops der BPtK im September unternommen.
Auch zum zweiten Fallpauschalenänderungsgesetz hat die BPtK Stellung bezogen. Aus dem Umstand, dass die 18monatige praktische Arbeit der PIA gar nicht oder nicht hinreichend vergütet wird, ergibt sich eindeutig Handlungsbedarf. Die BPtK hat in diesem Kontext dazu aufgefordert, die Psychiatriepersonalverordnung von 1994 an das Psychotherapeutengesetz anzupassen.
Für die Disease-Management-Programme, die im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zum Typ-II-Diabetes überarbeitet bzw. zum Asthma/COPD neue entwickelt wurden, hat die BPtK im Rahmen der Anhörungen des G-BA Änderungsvorschläge eingebracht, die sich für beide Krankheitsgruppen auf das obligatorische Screening mit dem PH-Q, die obligatorische Überweisung an Psychotherapeuten bei komorbiden psychischen Störungen, auf die Qualitätsanforderungen an Schulungsprogramme und auf die Einbeziehung von Familienangehörigen bei Patienten im Kindes- und Jugendalter beziehen. Noch ist allerdings offen, inwieweit diese Stellungsnahmen berücksichtigt werden.
Zunehmend kommen auch europäische Themen auf die BPtK zu, z.B. in Form von Fragen der Berufsqualifikation in den EG-Richtlinien, die eine Vernetzung auf europäischer Ebene notwendig machen.
Aber auch in anderen Bereichen wurde die Aufgabe der Interessenvertretung wahrgenommen. So z.B. durch Gespräche mit Bundestagsabgeordneten verschiedener Parteien und durch die Vernetzung mit anderen Interessenvertretern im Gesundheitswesen. Mit Berufsverbänden, Fachgesellschaften und Trägern von Ausbildungseinrichtungen konnten Kooperationen vereinbart werden.
Haushaltsplan 2005
Der Haushaltsplan 2005 auf der Grundlage des in Hannover auf dem 3. DPT für das kommende Jahr beschlossenen Beitrags pro Kammermitglied in Höhe von 39 € wurde, nach anfänglichen kontroversen Diskussionen, mit überwältigender Mehrheit angenommen. Zurückzuführen waren die Irritationen insbesondere auf den engen Zeitplan für die Arbeit von Vorstand und Finanzausschuss.
Ein weiteres Thema war die Höhe der Rücklagen, die für ein Haushaltsjahr vorzusehen sind. Der Vorstand betonte, dass der für 2005 vorgelegte Haushaltsplan auch für das Folgejahr 2006 keine Beitragserhöhung nach sich ziehen würde und darüber hinaus eine kontinuierliche Rücklagenbildung möglich sei.
Andere Delegierte waren der Auffassung, dass eine höhere Rücklagenbildung als vom Vorstand vorgesehen, erforderlich sei. Die Mitglieder des Finanzausschusses und des Vorstands sind sich einig, dass hier weitere Sachberatungen erforderlich sind - unter Umständen durch Hinzuziehung des Sachverstands eines als sachkompetent ausgewiesenen externen Wirtschaftsprüfers. Weiter verpflichtete sich der Vorstand, dem Finanzausschuss im Laufe des ersten Halbjahres 2005 Aufschluss über die Haushaltsentwicklung zu geben.
Die Weiterbildungskommission, bestehend aus Uta Cramer-Düncher, Martin Klett, Prof. Dietmar Schulte, Dr. Walter Ströhm und Ulrich Wirth, stellte der Delegiertenversammlung das Eckpunktepapier für die Weiterbildungsordnung der BPtK vor. Hauptziel der Kommission war es, von den Delegierten Rückmeldungen zu erhalten, um eine Muster-Weiterbildungsordnung entwickeln zu können.
Die berufliche Weiterbildungsmöglichkeit für Psychotherapeuten eröffnet Chancen, beinhaltet aber auch Risiken. So erlaubt sie einerseits die Erschließung neuer Kompetenzbereiche, Berufsfelder und Entwicklungsmöglichkeiten für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, sie ermöglicht den Erwerb von Zusatzbezeichnungen, kann aber andererseits, so die Befürchtungen einiger Delegierter, auch eine Entwertung der Ausbildung bedeuten. Könnte dies nicht zur Folge haben, so wurden die Bedenken formuliert, dass zukünftig nur noch spezialisierte Kollegen bestimmte Patientengruppen behandeln dürfen? Diesbezüglich konnte die Kommission klarstellen, dass keine Einschränkung, sondern eine Differenzierung angestrebt wird, mit dem Ziel einer Zusatzbezeichnung.
Der nächste Schritt in Richtung Musterweiterbildungsordnung wird nun die inhaltliche Beratung mit den Landeskammern sein und die sich daraus ergebenden Rückmeldung in die überarbeitete Musterweiterbildungsordnung einzubeziehen. Die Weiterbildungskommission soll insbesondere für die Kompetenzbereiche "Klinische Neuropsychologie" und "Zweit- oder Drittverfahren" Qualifikationskriterien für den Erwerb ankündigungsfähiger Zusatzbezeichnungen erarbeiten und den Kompetenzbereich Rehabilitationspsychologie näher prüfen. Die Ergebnisse sollen auf dem 5. Deutschen Psychotherapeutentag im Frühjahr 2005 in München vorgelegt werden.
Musterberufsordnung
Die einzelnen Länderkammern verfügen über Berufsordnungen, die zum Teil. inhaltliche und sprachliche Übereinstimmungen aufweisen, zum Teil aber auch inhaltlich oder in Hinblick auf die Ausarbeitung der Grundregeln differieren. In einer Musterberufsordnung (MBO) soll eine für alle Kammern konsensfähig Ordnung gefunden werden, die auf breite Akzeptanz innerhalb der Profession stößt und nicht im Widerspruch zu den Berufsordnungen der Landeskammern steht.
Zur Vorbereitung der MBO wählte die Delegiertenversammlung vier Mitglieder einer Lenkungsgruppe, die durch den Justiziar der BPtK, Herrn Dr. Stellpflug und ein Vorstandsmitglied ergänzt werden.
In der Lenkungsgruppe werden mitarbeiten: Frau Inge Berns (Vertreterin der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten; Kammer Niedersachsen), Frau Ellen Bruckmayer (Kammer Bayern), Herr Dirk Fiedler (Kammer Hessen) und Herr Bernhard Morsch (Vertreter der Angestelltenbelange; Kammer Saarland). Von Seiten des Vorstands wird sich der Präsident Herr Detlev Kommer beteiligen.
Aufgabe der Lenkungsgruppe soll es sein:
für vergleichbare Regelungen in den Länderberufsordnungen übereinstimmende Formulierungen zu finden,
differierende Regelungen als Formulierungsalternativen in den Entwurf der MBO aufzunehmen,
Stellungnahmen und Vorschläge von Landeskammern, Berufsverbänden und Fachgesellschaften den Delegierten strukturiert und transparent vorzutragen sowie
den Delegierten neben dem Entwurf der MBO auch Regelungsalternativen vorzulegen.
Notfallpsychotherapie und -psychologie
Wie Psychotherapeuten in Katastrophen- und Krisensituationen besonders gefordert sind und ihre Expertise benötigt wird, beschrieb Herr Wilk in einer Präsentation, bevor er seine Aufgaben als Vorstandsbeauftragter für Notfallpsychotherapie/Notfallpsychologie verdeutlichte. Zu diesen gehören neben der Vertretung der BPtK in Gesprächen mit dem Bundesinnenministerium zur Rahmenplanung für den Katastrophenschutz auch, gemeinsam mit einem Expertengremium Qualifikationsanforderungen und ein Fortbildungskurrikulum für Psychologen und Psychotherapeuten in diesem Tätigkeitsfeld zu erarbeiten.
Von Seiten der Delegierten wurde auf die Wichtigkeit der Notfallpsychotherapie hingewiesen und auf den Mangel an Experten in diesem Bereich aufmerksam gemacht. Der Aufgabenbeschreibung des Vorstandbeauftragten für Notfallpsychotherapie/Notfallpsychologie wurde mehrheitlich zugestimmt.
Drei Resolutionen des 4. Deutschen Psychotherapeutentags
Zum Ende der Bundesdelegiertenversammlung wurden mehrere Resolutionen verabschiedet.
Veröffentlicht am 27. Oktober 2004