EU: Mitgliedsstaaten nehmen psychische Probleme nicht ernst genug
"Psychische Probleme werden nach wie vor nicht mit derselben Ernsthaftigkeit angegangen wie körperliche Gesundheitsprobleme", kritisiert das Europäische Parlament in seinem Tzampazi-Bericht, der am 19. Februar mit großer Mehrheit angenommen wurde.Die europäischen Gesellschaften müssten ein klares Verständnis für den Begriff der psychischen Gesundheit entwickeln. Die Mitgliedsstaaten werden deshalb aufgefordert, "das Bewusstsein für die große Bedeutung psychischer Gesundheit in der breiten Öffentlichkeit nachhaltig zu verbessern und Menschen mit psychischen Erkrankungen zu garantieren, dass sie eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Unterstützung erhalten".Die Europäische Kommission hatte 2005 mit ihrem Grünbuch zur psychischen Gesundheit eine grundsätzliche Debatte über eine Strategie für die Förderung der psychischen Gesundheit in der Europäischen Union in Gang gebracht. Im Juni 2008 schlossen Experten aus Politik und Wissenschaft in Brüssel einen "Europäischen Pakt für psychische Gesundheit und Wohlergehen". Im jetzt verabschiedeten Parlamentsbericht betont die griechische Abgeordnete Evangelia Tzampazi erneut, dass "es keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit gibt".Der Bericht enthält eine Reihe allgemeiner Empfehlungen zur Förderung der psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens der Bevölkerung, zur Bekämpfung von Stigmatisierung, Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung, zur Stärkung von Prävention und Selbsthilfe und zur Bereitstellung von Unterstützung und angemessener Behandlung für Personen mit psychischen Problemen sowie deren Familien und Betreuer. Außerdem empfiehlt er fünf vorrangige Tätigkeitsbereiche, die auch im Europäischen Pakt festgeschrieben sind. Diese Bereiche sind:
- Prävention von Suizid und Depressionen,
- Psychische Gesundheit in den Bereichen Jugend und Bildung,
- Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz,
- Psychische Gesundheit von älteren Menschen,
- Bekämpfung von Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung.
Um die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden in der Bevölkerung zu verbessern, schlug Tzampazi folgende "prioritäre Maßnahmenbereiche auf europäischer und nationaler Ebene" vor:
eine Zusammenarbeit zwischen den EU-Institutionen, den Mitgliedstaaten, den lokalen und regionalen Gremien und den Sozialpartnern in den fünf im Europäischen Pakt festgeschriebenen prioritären Bereichen,
die Einrichtung einer "Beratenden Plattform", mit der Maßnahmen zur Umsetzung des Pakts überwacht und koordiniert werden; ferner fordert sie die Kommission auf, die Schlussfolgerungen der im Kontext des Paktes anberaumten Konferenzen zu veröffentlichen,
Ergreifung der notwendigen Maßnahmen, um einen "Europäischen Aktionsplan für den Bereich psychische Gesundheit und Wohlbefinden der Bürger" zu verabschieden und Erstellung angemessener Indikatoren für psychische Gesundheit, um eine bessere Evaluierung der Erfordernisse auf nationaler und europäischer Ebene zu ermöglichen,
optimale Nutzung der auf gemeinschaftlicher und nationaler Ebene verfügbaren Ressourcen, um die psychische Gesundheit durch die Finanzierung von Forschung auf dem Gebiet der Prävention zu fördern; ferner hält die Berichterstatterin neue angemessene Betreuungsstrukturen, eine effizientere Behandlung von psychischen Störungen und die Erarbeitung von Programmen zur Integration in den Arbeitsmarkt für absolut notwendig,
Garantie qualitativ hochwertiger, zugänglicher, effizienter und umfassender Dienstleistungsangebote für den Bereich der psychischen Gesundheit,
vorrangige Berücksichtigung der Notwendigkeit von Aus- und Weiterbildung von Personen, die Schlüsselpositionen im Bereich der Versorgung von psychisch Kranken innehaben,
Garantie, dass Menschen mit psychischen Problemen angemessenen Zugang zu Bildung, Berufsbildung und Beschäftigung erhalten und dass ein entsprechend günstiges Umfeld (einschließlich Unterstützung während des gesamten Lebens) geschaffen wird, insbesondere für die am meisten benachteiligten Gruppen.
Veröffentlicht am 25. Februar 2009