EuGH: Übergangsregelung zur Kassenzulassung rechtswidrig
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Übergangsregelung zum Psychotherapeutengesetz (1999) für rechtswidrig erklärt. Diese Regelung sah vor, dass Psychotherapeuten auch in überversorgten Gebieten zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen werden, wenn sie in diesem Gebiet bereits zwischen Juni 1994 und Juni 1997 mindestens 250 Behandlungsstunden innerhalb von 12 Monaten erbracht hatten.Nach Auffassung des EuGH verstößt diese Regelung gegen die Niederlassungsfreiheit und diskriminiert ausländische Psychotherapeuten, die nach Deutschland zogen, und deutsche Psychotherapeuten, die vorübergehend im EU-Ausland praktizierten. Anlass für das EuGH-Urteil waren die Beschwerden zweier Österreicher bei der Europäischen Kommission, die 1998 nach Deutschland zogen und deren Tätigkeit in Österreich nicht berücksichtigt wurde.Das Urteil dürfte jetzt deutsche Gerichte beschäftigen. Dabei haben die Gerichte noch offene Fragen zu klären, z. B. ob grundsätzlich alle Therapiestunden anzuerkennen sind, die im Ausland erbracht wurden, oder nur solche, die dort im öffentlichen Gesundheitswesen abgerechnet wurden. Das EuGH-Urteil stellt außerdem deutsche Psychotherapeuten schlechter, die damals innerhalb Deutschlands ihren Praxissitz wechselten. Wer beispielsweise zunächst in Ostfriesland tätig war, aber 1998 nach Hamburg zog, bekam dort keine GKV-Zulassung. Die Übergangsregelung setzt innerhalb Deutschlands voraus, dass der betreffende Psychotherapeut bereits zwischen 1994 und 1997 tätig war, die mit Einführung der Bedarfsplanung als überversorgt galten.Das EuGH-Urteil kam überraschend. In anderen Fällen hatte der EuGH ähnliche Bestandsschutzregelungen für zulässig erachtet. Auch der Generalanwalt beim EuGH hatte die Klage der Kommission zuvor als unzulässig und unbegründet bezeichnet. Die praktischen Auswirkungen dürften sich jedoch in Grenzen halten. Voraussetzung für eine erfolgreiche Klage auf nachträgliche Zulassung dürfte sein, dass der Psychotherapeut bereits bis Ende März 1999 einen Antrag auf GKV-Zulassung gestellt hat oder gegen eine ablehnende Entscheidung vorgegangen ist. Schadensersatzansprüche dürften daran scheitern, dass eine solche Gerichtsentscheidung nicht vorauszusehen war und weder dem Gesetzgeber noch den Behörden ein Verschulden vorgeworfen werden kann. Das Urteil lässt auch keine Verpflichtung des deutschen Gesetzgebers erkennen, eine neue Übergangsregelung zu schaffen.
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Veröffentlicht am 13. Dezember 2007