Gerüst des Morbi-RSA steht
07.07.2008: Versorgungsneutralität weitgehend gewährleistet
Das Bundesversicherungsamt (BVA) hat am 3. Juli 2008 weitere zentrale Regelungen zum morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) bekannt gegeben. Es liegt damit im Zeitplan für den Start des Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009.
Bereits im März dieses Jahres legte das BVA die berücksichtigungsfähigen Krankheiten fest. Dabei konnte erreicht werden, dass ein relativ breites Spektrum an psychischen Erkrankungen zu den insgesamt 80 für den Morbi-RSA berücksichtigungsfähigen Krankheiten gehört. Dies ist eine wichtig Voraussetzung dafür, dass sich Krankenkassen an der Verbesserung der Versorgung beteiligen können, ohne Gefahr zu laufen, damit Risiken an sich zu ziehen, deren Kosten durch die Zuweisungen aus dem Morbi-RSA nicht annähernd gedeckt werden.
Zu den im Morbi-RSA berücksichtigungsfähigen psychischen Erkrankungen zählen:
unipolare depressive Störungen,
bipolare affektive Störungen,
Schizophrenie und wahnhafte Störungen,
Abhängigkeit und Missbrauch von psychotropen Substanzen,
Persönlichkeitsstörungen,
Anorexie und Bulimie,
Aufmerksamkeitsstörungen und andere hyperkinetische Störungen,
demenzielle Erkrankungen.
Mit der jüngsten Festlegung des BVA wurden insbesondere die Morbiditätsgruppen und die Zuordnungsalgorithmen einschließlich der Aufgreifkriterien definiert. Das ursprünglich favorisierte Klassifikationsmodell (IPHCC plus RxGroups) sah gesonderte Morbiditätsgruppen auf der Basis der stationären Entlassungsdiagnosen und der ambulant verordneten und zu Krankheiten zugeordneten Arzneimittelwirkstoffe vor. In dem jetzt vom BVA festgelegten Klassifikationsmodell werden stationäre und ambulante Diagnosen (Auftreten in mindestens zwei Quartalen) in jeweils einer gemeinsamen Morbiditätsgruppe berücksichtigt und führen damit zu denselben Zuschlägen. Bei psychischen Erkrankungen werden Arzneimittel als zusätzliches Aufgreifkriterium für die Zuschlagsfähigkeit von ambulanten Diagnosen lediglich für die Diagnosen bipolare affektive Störungen, Schizophrenie und wahnhafte Störungen gefordert. Das BVA ist damit einem zentralen Argument der BPtK gefolgt, dass sich die Morbidität psychischer Erkrankungen im ambulanten Bereich nicht angemessen über Arzneimittelinformationen abbilden lässt. Damit konnte verhindert werden, dass der Morbi-RSA gezielte finanzielle Anreize für vornehmlich pharmakotherapeutische Behandlungen von psychischen Störungen setzt.
In dem festgelegten Klassifikationsmodell werden die verschiedenen berücksichtigungsfähigen psychischen Erkrankungen in folgenden hierarchisierten Morbiditätsgruppen (HMG) zusammengefasst, welche insbesondere unter dem Aspekt der Kostenhomogenität der HMG in einem prospektiven Modell zur Kostenvorhersage gebildet wurden:
HMG051: Alkohol- und drogeninduzierte Psychose,
HMG052: Alkohol- und Drogenabhängigkeit,
HMG053: Schädlicher Gebrauch von Alkohol/Drogen ohne Abhängigkeitssyndrom,
HMG054: Schizophrenie,
HMG055: Bipolare affektive Störung, Anorexie, Bulimie,
HMG056: Psychosen, psychotische und dissoziative Störungen,
HMG058: Depressionen und wahnhafte Störungen,
HMG066: Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom.
Dabei bilden die HMG051 bis HMG053 sowie die HMG054 bis HMG058 jeweils eine strenge Hierarchie, die bewirkt, dass für Versicherte, die sich zu mehreren HMG einer Hierarchie zuordnen lassen, lediglich ein Zuschlag der in der Hierarchie am höchsten angesiedelten HMG und nicht mehrere Zuschläge gleichzeitig fällig werden. In den kommenden Monaten wird das BVA auf dieser Grundlage über ein prospektives Regressionsmodell die Höhe der Risikozuschläge pro hierarchisierter Morbiditätsgruppe für das Jahr 2009 berechnen.
Veröffentlicht am 07. Juli 2008