Gesundheitsmonitor 2009
Psychische Krankheiten bleiben oft unentdeckt
Soll die Versorgung psychisch kranker Patienten verbessert werden, muss in Deutschland vor allem in der hausärztlichen Versorgung noch viel geschehen. Das zeigt der aktuelle Gesundheitsmonitor 2009 der Bertelsmann Stiftung. Der Gesundheitsmonitor 2009 untersuchte, ob und wie Patienten mit psychischen Beschwerden und Erkrankungen einen Hausarzt (Primärversorgung) oder einen Psychotherapeuten bzw. einen Psychiater (Sekundärversorgung) in Anspruch nehmen.
Der Hausarzt ist für die meisten Patienten (87 Prozent), die innerhalb eines Jahres wegen psychischer Beschwerden einen Arzt oder Psychotherapeuten aufsuchten, der erste Ansprechpartner. Knapp zwei Drittel konsultierten ausschließlich ihren Hausarzt (66 Prozent), während ein Fünftel (21 Prozent) sowohl durch ihren Hausarzt als auch durch Psychotherapeuten, Psychiater oder Psychiatrische Institutsambulanzen versorgt wurden. Weitere 13 Prozent nutzten ausschließlich die Sekundärversorgung.
Bei nur 8,7 Prozent der Patienten, die aufgrund von psychischen Beschwerden einen Hausarzt aufsuchten, wurde nach Angaben der Patienten eine psychische Erkrankung diagnostiziert. Wandten sich die Patienten dagegen an einen Psychotherapeuten oder Psychiater, berichten mehr als die Hälfte der Patienten (52,6 Prozent) von einer entsprechenden Diagnose. Dies ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass in der hausärztlichen Praxis psychische Erkrankungen zu oft unentdeckt bleiben.
Psychisch weniger schwer beeinträchtigte Patienten werden überwiegend hausärztlich versorgt, während stärker beeinträchtigte Patienten auch in der Sekundärversorgung behandelt werden. Patienten, die auch von einem Psychotherapeuten oder Psychiater behandelt werden, berichten häufiger über gravierende Störungen (Depressivität, Somatisierung, phobische Angst) und über längere Arbeitsunfähigkeit. Diese Patienten schätzen auch ihre Gesundheit deutlich schlechter ein als Patienten, die ausschließlich durch ihren Hausarzt versorgt werden.
Viele psychische Erkrankungen in der hausärztlichen Praxis bleiben unentdeckt, weil Patienten beim Arzt meist ausschließlich ihre körperlichen Beschwerden ansprechen. Nur die Hälfte der betroffenen Patienten thematisiert überhaupt psychische Beschwerden. Sich psychische Beschwerden einzugestehen, fällt vielen Menschen nach wie vor schwer.
Um psychische Krankheiten besser zu erkennen, müssten Hausärzte in Zukunft aktiv und achtsam nachfragen und psychische Störungen systematischer diagnostizieren. Erfolg versprechen Versorgungsleitlinien für psychische Störungen, insbesondere für Depression und Angststörungen. Verbunden mit spezifischen Fortbildungen und geeignetem Qualitätsmanagement könnten so die Erkennungsraten psychischer Krankheiten verbessert werden.
Veröffentlicht am 11. Mai 2009