Große Mehrheit für Reform der Psychotherapeutenausbildung
25. Deutscher Psychotherapeutentag in München
Der 25. Deutsche Psychotherapeutentag (DPT) hat sich mit einer Zweidrittelmehrheit für eine Reform der Psychotherapeutenausbildung ausgesprochen, die eine Approbation nach einem wissenschaftlichen Hochschulstudium auf Masterniveau anstrebt (Direktausbildung). In einer anschließenden Weiterbildung soll eine Schwerpunktsetzung in der Behandlung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen sowie in einem der wissenschaftlich anerkannten Verfahren erfolgen.
Berufliches Selbstverständnis und seine zukünftige Weiterentwicklung
Der Versammlungsleiter Wolfgang Schreck und seine Stellvertreterin Gabriela Küll begrüßten die Delegierten des 25. DPT, der am 14. und 15. November 2014 in München stattfand. Dr. Nikolaus Melcop, Präsident der gastgebenden Bayerischen Landespsychotherapeutenkammer, übermittelte dem DPT die Grüße des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml. Er berichtete, dass der bayerische Ministerpräsident seine Unterstützung für eine Reform der Psychotherapeutenausbildung zugesichert habe. Horst Seehofer sei Bundesgesundheitsminister gewesen, als das Psychotherapeutengesetz 1998 verabschiedet wurde. Es gehe mit der Reform der Ausbildung, so Melcop, um nichts weniger als das berufliche Selbstverständnis der Profession und seine zukünftige Weiterentwicklung. Bei der Diskussion der verschiedenen Positionen könne ein Befund des Müncheners Karl Valentin hilfreich sein: „Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative und eine komische.“
Wahl der Versammlungsleitung
Zu Beginn wählte der DPT Benedikt Waldherr zum neuen Mitglied der Versammlungsleitung. Im Vorfeld hatte sich Gerd Höhner, der bisherige stellvertretende Versammlungsleiter, bei den Delegierten für ihr Vertrauen bedankt. Ein Psychotherapeutentag setze geregelte Kommunikation voraus. Dafür sei es wichtig, dass die Versammlungsleitung die Versammlung führe und diese sich führen lasse. Beides sei nicht einfach und ein Wechselspiel, das immer besser gelungen sei, so Höhners Resümee. Herr Schreck bedankte sich im Namen der Versammlung bei Herrn Höhner und begrüßte dessen Nachfolger.
Reform der Psychotherapeutenausbildung
Dr. Melcop gab für das Sprecherteam (Michael Krenz, Dr. Nikolaus Melcop, Prof. Dr. Rainer Richter) der gemeinsamen Arbeitsgruppe (AG) von Länderrat und Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) einen Überblick über die zurückliegende Arbeit zur Reform der Psychotherapeutenausbildung. Man habe vom 24. DPT den Auftrag erhalten, das Problemlösungspotenzial der unterschiedlichen Szenarien für eine reformierte Ausbildung zu prüfen. Dabei sei die AG von den primären gesetzlichen Aufgaben der Psychotherapeutenkammern, u. a. die Förderung der Gesundheit der Bevölkerung, ausgegangen. Dem DPT liege als Ergebnis der Beratungen das Papier zu den Mindestanforderungen an eine Reform der Psychotherapeutenausbildung vor.
Um einen möglichst intensiven Diskussionsprozess zu fördern, habe man sowohl alle Stellungnahmen, die die AG erreicht haben, als auch die Arbeitsergebnisse der AG der Profession zur Verfügung gestellt. Außerdem habe man die Delegierten des 25. DPT zu einer Sitzung der AG am 9. Oktober 2014 eingeladen. Auf der Basis der dort geführten Diskussionen liege dem DPT nun der von Mitgliedern der AG getragene Antrag für ein Reformmodell vor. Dieses Modell sehe eine Approbation nach bestandenem Staatsexamen am Ende eines Studiums vor mit sich daran anschließender Weiterbildung. Es sei an der Zeit, der Politik eine klare Botschaft zu übersenden, um die Chance zu nutzen, dass die Regierung in ihrem Koalitionsvertrag verabredet habe, das Psychotherapeutengesetz zu reformieren.
Michael Krenz, Präsident der Berliner Psychotherapeutenkammer, erinnerte an die bisherigen Ergebnisse der Arbeit der AG des Länderrates und des Bundesvorstandes. Man habe im Berufsbild verfahrensübergreifend beschrieben, wie sich die Profession als freier akademischer Heilberuf in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern sehe. Dies sei eine gemeinsame Basis, die die Profession sprach- und verhandlungsfähig gemacht habe. Ein vergleichbar wichtiger Schritt sei die Erarbeitung des Kompetenzprofils gewesen, das beschreibe, was Psychotherapeuten können wollen und müssen. Wie entscheidend dieser Schritt gewesen sei, könne man daran messen, dass die Kommission Klinische Psychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie und die Arbeitsgemeinschaft psychodynamischer Hochschullehrer das Kompetenzprofil aufgegriffen und genutzt haben, um gemeinsam den Inhalt eines zukünftigen Psychotherapiestudiums zu beschreiben. Auch die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft und der Fachbereichstag Soziale Arbeit haben das Kompetenzprofil begrüßt und dazu Stellung genommen.
Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der BPtK, schlug vor, die Debatte auf drei zentrale Fragen zu fokussieren. Es gehe darum:
- eine Qualifizierung auf Masterniveau zu sichern,
- die Zukunft der gesamten Profession zu gestalten und
- dafür zu sorgen, dass Psychotherapeuten in Ausbildung keine Psychotherapeuten in Ausbeutung mehr seien.
Qualifizierung auf Masterniveau
Eine Qualifizierung auf Masterniveau sei für die Profession von entscheidender Bedeutung. Das lasse sich auch an der Unterschriftenaktion „Mehr Rechtssicherheit beim Zugang zur Psychotherapeutenausbildung“ erkennen. Mit fast 5.000 Unterzeichnern dieser Forderung liege ein beeindruckendes Votum der Profession vor. Er verstehe dabei alle Kollegen, die angesichts der Dringlichkeit dieses Problems für eine schnelle und sogar eine isolierte Lösung plädierten. Man müsse aber in Betracht ziehen, dass eine solche isolierte Lösung von der Profession bereits 2008 gefordert wurde. In den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass dies kein gangbarer Weg sein könne. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) habe erklärt, dass aus seiner Sicht eine alleinige Anhebung der Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten auf das Masterniveau die Berufsfreiheit zu stark einschränke und damit gegen Artikel 12 des Grundgesetzes verstoße.
Deshalb hat die Profession bereits auf dem 16. DPT ein Konzept für eine Reform der Psychotherapeutenausbildung vorgelegt mit Anpassungen in der Ausbildung und bei den Aufgaben und Tätigkeitsfeldern eines Psychotherapeuten. Man hat für das Ein-Berufe-Modell votiert mit einer Approbation und der berufsrechtlichen Befugnis aller Berufsangehörigen, Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu behandeln. Die notwendige Spezialisierung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder Erwachsenen war in Bezug auf die Fachkunde vorgesehen.
Gegen eine isolierte Anpassung spreche auch, dass sich der Hochschulausschuss der Kultusministerkonferenz einhellig für den Bachelorabschluss als Zugangsvoraussetzung zur Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ausgesprochen hätte. Von ihm sei sogar geäußert worden, dass der Bachelor auch für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten ausreichend sei. Während die Kultusminister der Bundesländer den Bachelor forderten, sähen sich deren Gesundheitsminister aufgrund von Artikel 12 des Grundgesetzes mehr oder weniger gezwungen, Bachelorabsolventen die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zu ermöglichen.
Der Bachelor werde daher schon jetzt zur Realität, so BPtK-Präsident Richter, denn zehn von 16 Bundesländern akzeptierten ihn bereits als Zugang zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutenausbildung. Nehme man dies alles zur Kenntnis, sei das Risiko gar nicht zu unterschätzen, dass in einem Gesetzgebungsverfahren, das ausschließlich den Zugang zum Beruf des Psychotherapeuten zu ändern beabsichtige, ein Bachelor als Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten festgeschrieben werde.
Richter warnte davor, die Erfolge, die seit der Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes erreicht worden seien, zu gefährden. Er sei sich sicher, dass niemand in der Profession zurück zum Delegationsverfahren wolle. Es gehe allen um den Erhalt der eigenverantwortlichen Tätigkeit. Eine „kleine“ Lösung sei deshalb keine Lösung. Eine Bachelorisierung des Berufs des Psychotherapeuten wäre fatal. Vor diesem Hintergrund dürfe man das Risiko nicht eingehen.
Zukunft der gesamten Profession gestalten
Der BPtK-Präsident plädierte außerdem dafür, bei der Reform der Psychotherapeutenausbildung die gesamte Profession im Blick zu behalten. Mit dem Psychotherapeutengesetz habe man für die niedergelassenen Kollegen viel erreicht. Auch wenn eine angemessene Vergütung und die Aufhebung der Befugniseinschränkungen noch ausständen, sei der Facharztstandard für diese Kollegen gesichert. Anders sehe es für die Psychotherapeuten in Institutionen aus. Mit der jetzigen Ausbildungsstruktur und den jetzigen Ausbildungsinhalten seien weder die eigenverantwortliche Tätigkeit, noch der Status noch die Vergütung dieser Kolleginnen und Kollegen ausreichend gesichert. Man habe mit der Reform der Psychotherapeutenausbildung die Chance, die Weichen für adäquatere Rahmenbedingung psychotherapeutischer Tätigkeiten im Krankenhaus, in der Rehabilitation und in der Jugendhilfe zu stellen. Der entscheidende Vorteil einer Approbation nach einem Hochschulstudium mit anschließender Weiterbildung sei, dass die Profession die Weiterbildungsphase selber gestalten könne. Aktuell setze jede Veränderung des Psychotherapeutengesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung ein langwieriges parlamentarisches Verfahren voraus, bei dem die konkurrierenden Interessen anderer mitgehört werden und andere über die Belange der Psychotherapeuten entschieden.
Keine Psychotherapeuten in Ausbeutung mehr
BPtK-Präsident Richter erinnerte in seinem Vortrag daran, dass eine Hauptforderung für eine Ausbildungsreform immer gewesen sei, angemessene Rahmenbedingungen für die Psychotherapeutenausbildung zu sichern. Man habe aus den Erfahrungen der zurückliegenden Jahre gelernt, dass kein Vergütungsanspruch für Psychotherapeuten in Ausbildung zu sichern sei, solange die Praktische Tätigkeit juristisch als Praktikum gewertet werde. Eine Reform, die nur die Zugangsvoraussetzungen zur Psychotherapeutenausbildung ändern wolle, lasse das Problem der Vergütung während der Praktischen Tätigkeit außen vor und verschiebe es auf einen zweiten Reformschritt. Dieser zweite Schritt werde aber in absehbarer Zeit nicht stattfinden, da das BMG immer betont habe, dass es nicht zwei, sondern nur eine Reform der Psychotherapeutenausbildung geben werde.
Es gebe jedoch einen Weg, die Probleme während der Psychotherapeutenausbildung zu lösen:
- Psychotherapeuten in Weiterbildung, die über einen Abschluss auf Masterniveau und eine Approbation verfügten, hätten einen Anspruch auf Gehalt.
- Psychotherapeuten in Weiterbildung hätten adäquate berufliche Perspektiven, wo immer sie später arbeiten wollten, weil die Profession die Weiterbildung entsprechend gestalten könnte.
- Studenten könnten während der Qualifizierung an der Hochschule Erfahrungen mit allen wissenschaftlich-anerkannten Verfahren sammeln.
Dies lasse, resümierte Prof. Richter, eigentlich nur einen Schluss zu: Man brauche eine Direktausbildung mit Approbation und anschließender Weiterbildung, um für angemessene Rahmenbedingungen während der Weiterbildungsphase zu sorgen.
Das Thema tangiere aber nicht nur die Psychotherapeuten in Ausbildung. Mindestens so betroffen seien diejenigen, die aktuell die Qualifizierung der Psychotherapeuten sicherstellten. Aus den Ausbildungsstätten müssten Weiterbildungsstätten werden, die ausreichend finanziert seien. Auch hier warb Prof. Richter für eine realistische Einschätzung der Situation. Um psychisch kranke Menschen adäquat versorgen zu können, brauche man gut qualifizierte Psychotherapeuten. Darauf könne das Gesundheitssystem auch in Zukunft nur bauen, wenn es gelinge, die jetzigen Ausbildungsstätten in Weiterbildungsstätten umzuwandeln. Damit dieser Übergangsprozess gelingen könne, müsse man noch viele Detailfragen klären. Das werde im engen Austausch mit den heutigen Ausbildungsstätten erfolgen und zu klaren Forderungen an die Gesundheitspolitik führen. Man könne zum jetzigen Zeitpunkt sicher sagen, dass es den notwendigen Überleitungsprozess geben werde. Man könne auch davon ausgehen, dass im Ergebnis eine adäquate Finanzierung der Weiterbildungsstätten gefunden werde. Man könne aber keine Bestands-, Umsatz-, oder Gewinngarantie erwarten. Diese gebe es in keinem Gesetzgebungsprozess. Man müsse sich gemeinsam auf eine Reformoption einigen und dann die Details regeln. Wer eine Regelung der Details im Vorfeld fordere, plädiere – so viel Offenheit sei notwendig – eigentlich gegen jede Reform. Das jedoch werde dazu führen, dass es immer mehr Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten auf Bachelorniveau gebe und dann perspektivisch auch Psychologische Psychotherapeuten auf Bachelorniveau abgestuft würden.
Herr Richter appellierte an die Delegierten des 25. DPT eine Entscheidung zu treffen, die auch auf dem 50. DPT noch Bestand haben könne. Es sei die Verantwortung des 25. DPT, in Kenntnis der Fakten und unter Berücksichtigung der Risiken eine Entscheidung zu treffen, die das Masterniveau sichere, der Gestaltungsverantwortung der Profession gerecht werde und zu adäquaten Rahmenbedingungen für Psychotherapeuten in Weiterbildung und für die Weiterbildungsstätten führe. Wenn man das erreichen wolle, dann müsse der 25. DPT ein klares Votum für eine Psychotherapeutenausbildung abgeben, bei der am Ende des Studiums die Approbation erteilt werde, und die eine anschließende Weiterbildung ermögliche, die von den Kammern geregelt werde.
Bewertung der aktuellen Ausbildungssituation
Die aktuelle Ausbildungssituation wurde von den Delegierten noch einmal differenziert und durchaus unterschiedlich bewertet. Auf der einen Seite wurde deutlich gemacht, dass die Erfahrungen der Ausbildungsteilnehmer, insbesondere als „unbezahlte Praktikanten“ behandelt zu werden, es zwingend machen, „dieser Realität etwas anderes“ entgegenzusetzen. Eine „Verklärung der jetzigen Ausbildungssituation“ müsse man vermeiden, es gehe um eine selbstbewusste Entscheidung für die Zukunft der Profession. Der DPT solle daher die Chance für Veränderungen nutzen.
Diesem klaren Votum für eine Veränderung der Ausbildung wurde die Sorge entgegengehalten, ob bei einer Direktausbildung die derzeitige Institutslandschaft aufrechtzuerhalten sei und ob die Krankenkassen wirklich bereit seien, die Weiterbildung zu finanzieren. Der Abschied von einer Struktur, die über Jahrzehnte eine qualifizierte Ausbildung geboten habe, falle schwer. Trotz hoher Identifikation mit dem eigenen Werdegang plädierten Delegierte aber auch für die Direktausbildung: „Ich muss sehen, wir leben in anderen Zeiten“. Der Bachelor sei eine Bedrohung für den Berufsstand und, um die Zukunft zu sichern, müsse man sich auf die Direktausbildung einlassen, auch wenn noch nicht alle Details geklärt seien.
Richtungsentscheidung jetzt oder später?
Die Debatte zeigte bereits frühzeitig, dass auch nach Einschätzung der Delegierten eine alleinige Reform der Zugangsvoraussetzungen nicht ausreichen würde, um die Zukunft der Profession zu sichern. Es ging deshalb in der Diskussion bald im Schwerpunkt um die Frage, wie differenziert die Richtungsentscheidung ausfallen solle. Einige Delegierte betonten, dass der Diskussionsprozess in der AG des Länderrats und des BPtK-Vorstandes große Fortschritte gebracht habe. Man habe konstruktiv miteinander gearbeitet und wichtige Ergebnisse erzielt, wie z. B. das Berufsbild und das Kompetenzprofil. Der wesentliche Beratungsprozess sei ein gemeinsamer gewesen. Entsprechend seien die nun zur Diskussion gestellten Beschlüsse nicht völlig gegensätzlich. Sie unterschieden sich bei der Frage, ob man jetzt schon festlegen könne und solle, zu welchem Zeitpunkt die Approbation – nach dem Hochschulstudium oder nach einem weiteren Ausbildungsabschnitt – zu erteilen sei. Es wurde bedauert, dass man den Diskussionsprozess abkürze, wenn man diese Entscheidung schon jetzt fälle. Es wurde davor gewarnt, dass man mit der Approbation nach dem Studium und einer sich anschließenden Weiterbildung zwei Klassen von Psychotherapeuten schaffe. Diese Konsequenz habe man noch viel zu wenig durchdacht, argumentierten einige Delegierte.
Eine große Mehrheit der Delegierten sei für ein Psychotherapiestudium. Nun müsse man sich die Zeit nehmen zu diskutieren, ob dieses Studium mit einer Approbation enden könne oder ob sich an das Psychotherapiestudium nach einem Staatsexamen eine zweite Qualifizierungsphase anschließen müsse, die dann zur Erteilung der Approbation führe. Man brauche für die Gespräche mit dem BMG an diesem Punkt keine Festlegung. Eine voreilige Entscheidung gefährde das Herzstück der heutigen qualitativ hochwertigen Psychotherapeutenausbildung: die Ausbildungsstätten. Die Befürworter einer offeneren Entscheidung betonten, dass sie nicht dagegen seien, dass am Ende eines Studiums eine Approbation verliehen werde. Sie wüssten aber noch nicht, ob sie wirklich dafür sein könnten. Es sei noch eine Fülle von Problemen zu klären und diesen Klärungsprozess solle und müsse man abwarten.
Insbesondere Psychotherapeuten in Institutionen forderten, dass die Profession ihre Gestaltungsverantwortung wahrnehme und mit einer Weiterbildung das Kompetenzprofil durch die Kammern selber präge. Es gehe darum, die Zukunft der Psychotherapie im Krankenhaus, in der Rehabilitation, aber auch in der Jugendhilfe zu sichern. Dabei stünden nicht nur Status- und Vergütungsfragen im Mittelpunkt, sondern auch die eigenverantwortliche Gestaltung der psychotherapeutischen Arbeit.
Mehrere Delegierte plädierten dafür, dem BPtK-Vorstand ein starkes Verhandlungsmandat zu geben. Dafür sei es notwendig, eine eindeutige Richtungsentscheidung zu treffen. Das Signal des 25. DPT müsse sein: „Wir können die Verantwortung für uns übernehmen“. Mit einer Direktausbildung werde man sich künftig in ganz anderer Weise mit der Weiterbildung auseinandersetzen und dieses Thema gemeinsam angehen und gestalten können.
Der DPT beschloss, in geheimer Abstimmung in zwei Abstimmungsstufen über die Zukunft der Psychotherapeutenausbildung zu entscheiden. In der ersten Abstimmung ging es um die Antragspassage:
Hochschulstudium und zweite Qualifizierungsphase sind aufeinander zu beziehen. Nach dem Studium ist ein Staatsexamen mit Approbation vorzusehen. Die Approbation berechtigt zu Weiterbildungen, deren Abschlüsse insbesondere die Voraussetzungen für die eigenständige Behandlung gesetzlich Krankenversicherter (Fachkunde) im ambulanten und stationären Bereich darstellen.
Für die Erteilung der Approbation zum Ende des Studiums votierten 76 Delegierte, dagegen 51. Es gab keine Enthaltung und eine ungültige Stimme. In der zweiten Abstimmung ging es um den Gesamtantrag, in dem das Konzept einer Direktausbildung weiter präzisiert wird. Zum Gesamtantrag gehörte u. a. die Forderung, bis zu der umfassenden Novellierung des Psychotherapeutengesetzes sicherzustellen, dass Studiengänge nur dann den Zugang zu den heutigen postgradualen Ausbildungen ermöglichen, wenn sie mit einem Diplom oder auf Masterniveau abgeschlossen werden. Dies kann z. B. im Wege einer einheitlichen Verwaltungspraxis der Länder gelingen.
Für den Gesamtantrag votierten zwei Drittel der Delegierten (86 Ja-Stimmen, 38 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen). Damit votierte der DPT für eine Direktausbildung, also eine Ausbildungsstruktur, bei der am Ende eines Masterstudiums die Verleihung der Approbation steht und die eine anschließende Weiterbildung in einem Alters- und Verfahrensschwerpunkt ermöglicht.
Ausdruck der konstruktiv geführten Debatte war die erklärte Bereitschaft derjenigen, die gegen eine Entscheidung für die Direktausbildung zum jetzigen Zeitpunkt waren, an der weiteren Diskussion teilzunehmen und den konstruktiven Prozess der Vergangenheit weiter zu führen.
Praxisbewertungssystem
Dem 25. DPT wurde ein Praxisbewertungssystem vorgestellt, das von der BPtK mit Unterstützung durch die Herren Dipl.-Kaufm. Frank Boos und Dipl.-Kaufm. Stefan Siewert entwickelt wurde. Begleitet wurde die Arbeit der externen Experten durch einen Vertreter des Länderrats, zwei Vertreter der Psychotherapeuten in Ausbildung, den Justiziar der BPtK sowie den BPtK-Vizepräsidenten Dr. Dietrich Munz. Mit diesem System werde den Psychotherapeuten, so Munz, ein Instrument an die Hand gegeben, das eine unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten fundierte Kalkulation und ein rechtssicheres Vorgehen zur Praxisbewertung erlaube. Er erläuterte weiter, dass ein solches Standardmodell eine individuelle Betrachtung einer einzelnen Praxis nicht ersetzen könne, dass es aber von zentraler Bedeutung sei, mit einem solchen System annähernd objektivierbare Anhaltspunkte zum Verkehrswert einer Praxis zu erhalten, gerade auch vor dem Hintergrund der Debatte um die Stilllegung von Psychotherapiepraxen. Der DPT verabredete, das Thema Praxisnachfolge auf dem 26. DPT zusätzlich unter berufspolitischer Perspektive aufzugreifen.
Reform der Muster-Weiterbildungsordnung
Dr. Bruno Waldvogel stellte als Sprecher der Kommission Zusatzqualifizierung als Ergebnis ihrer Arbeit einen Vorschlag zur Vereinheitlichung der Struktur- bzw. Systematik der Muster-Weiterbildungsordnung (MWBO) entsprechend ihres Auftrags durch den 21. DPT vor. Neben Änderungen bei den spezifischen Regelungen im Teil B der MWBO, die die Bereiche Klinische Neuropsychologie, Systemische Therapie und Gesprächspsychotherapie betreffen, beinhaltete der von der Kommission Zusatzqualifizierung vorgelegte Änderungsentwurf zur MWBO Klarstellungen u. a. zur berufsgruppenbezogenen Differenzierung, der kammerübergreifenden Anerkennung erworbener Qualifikationen, der Regelungen für die Zulassung von Weiterbildungsstätten und die Erteilung von Weiterbildungsbefugnissen. Ferner wurde in dem Änderungsentwurf vorgeschlagen, eine Lücke in den Übergangsregelungen zu schließen und die Regelungen der Anerkennung ausländischer Weiterbildungen aufgrund neuer europarechtlicher Vorgaben neu zu fassen.
Darüber hinaus stellte Dr. Waldvogel Vorschläge für weiterreichende Änderungen der MWBO aus dem Supplement zum Änderungsentwurf der MWBO zur Diskussion. Diese bezogen sich auf die Einführung von Regelungen zur bereichsspezifischen Fortbildung für die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis, zur Hinzuziehung von weiteren qualifizierten Personen für die Supervision und Selbsterfahrung durch den Weiterbildungsbefugten, zur Mindestzahl der anleitenden Supervisoren im Laufe einer Weiterbildung und zu einer stärker curricularen Strukturierung der Weiterbildung in Verfahren. Diese Änderungsvorschläge seien von der Kommission gesondert ausgewiesen und lediglich zur Diskussion gestellt worden, da sie über den ursprünglichen Auftrag des 21. DPT an die Kommission hinausgingen.
Abschließend berichtete Dr. Waldvogel über den zweiten Auftrag des 21.DPT, geeignete Bereiche für eine Zusatzweiterbildung in der psychotherapeutischen Mitbehandlung somatischer Erkrankungen zu identifizieren. Dazu hatte die Kommission die Bereiche Schmerzpsychotherapie, Psychodiabetologie, Psychokardiologie, Psychoonkologie und Palliativversorgung identifiziert und mit einer gründlichen Literaturrecherche unterlegt.
Unter Bezugnahme auf die Vorschläge der Kommission Zusatzqualifizierung im Supplement zum Änderungsentwurf der MWBO hatten einige Delegierte entsprechende Änderungsanträge eingereicht. Diese konnten aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr ausführlich diskutiert werden. Vor diesem Hintergrund befürwortete der DPT einen Antrag auf Nichtbefassung mit diesen Änderungsanträgen und nahm mit großer Mehrheit den Änderungsentwurf zur MWBO der Kommission Zusatzqualifizierung an. (Sie finden die verabschiedete Fassung der MWBO auf der Homepage der BPtK www.bptk.de.)
Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge
Der DPT verabschiedete die Resolution „Psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen bundesweit sicherstellen!“. Es sei wichtig, so wurde betont, dass Psychotherapeuten zu diesem Thema ihre Stimme erheben.
Die Delegierten forderten mit Blick auf die Überarbeitung des Asylbewerberleistungsgesetzes, dass psychisch kranke Flüchtlinge künftig einen besseren Zugang zur Psychotherapie erhalten. Notwendig sei es dafür, den Zugang zur Versorgung nicht mehr von Einzelfallentscheidungen zuständiger Amtsärzte oder Sachbearbeiter der Landesbehörden abhängig zu machen. Der DPT forderte die Bundesregierung auf, den Leistungsanspruch der Flüchtlinge auf Psychotherapie sicherzustellen und durch eine bundeseinheitliche Regelung einen einheitlichen Zugang zu diesen Leistungen abzusichern.
Dolmetscher und muttersprachliche Psychotherapie für Migranten
Außerdem forderte der DPT in einer weiteren Resolution, für Menschen mit Migrationshintergrund Leistungen von Dolmetschern oder muttersprachliche Psychotherapie zum Leistungsanspruch zu machen. Fast jeder fünfte Migrant spreche nicht ausreichend deutsch, um sich in psychotherapeutische Behandlung begeben zu können. Damit entstehe eine vermeidbare Barriere beim Zugang zu einer leitliniengerechten Versorgung. Abhilfe werde geschaffen, wenn die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für einen Dolmetscher trage oder wenn muttersprachliche Psychotherapeuten im Rahmen der Bedarfsplanung gesonderte Möglichkeiten erhalten, sich in bestimmten Versorgungsregionen niederzulassen. Es sei wichtig zu sehen – wurde aus den Reihen des DPT betont – dass die meisten Menschen mit Migrationshintergrund seit Jahrzehnten in die deutschen Sozialversicherungssysteme einzahlen. Man müsse auch deshalb sicherstellen, dass sie im Falle einer psychischen Erkrankung eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen können.
Kein Kahlschlag der psychotherapeutischen Versorgung
Einstimmig verabschiedete der DPT außerdem eine Resolution zum Versorgungsstärkungsgesetz.
Im Referentenentwurf zum Versorgungsstärkungsgesetz ist geplant, dass Zulassungsausschüsse künftig bei einem Versorgungsgrad von über 110 Prozent die überzähligen Praxissitze grundsätzlich stilllegen. Mit dieser Regelung sind fast 7.400 psychotherapeutische Praxissitze von einer Stilllegung bedroht. Das sind ein Drittel der verfügbaren Praxissitze. Der DPT forderte die Politik auf, auf diese Regelung zu verzichten und in der Bedarfsplanung die strukturellen Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.
Jahresabschluss 2013/Haushaltsplan 2015
Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Rudolf Bittner, informierte die Delegierten über die Beratungen des Finanzausschusses zum Jahresabschluss der BPtK für das Haushaltsjahr 2013. Die Landespsychotherapeutenkammern votierten wie der Finanzausschuss einstimmig dafür, den Jahresabschluss 2013 anzunehmen und den Vorstand der BPtK für das Haushaltsjahr 2013 zu entlasten. Dr. Dietrich Munz erläuterte für den Vorstand den Delegierten den Haushaltsplan für das Jahr 2015. Herr Bittner kommentierte aus der Sicht des Finanzausschusses die Ausführungen von Herrn Dr. Munz. Die Landespsychotherapeutenkammern stimmten dem Haushaltsplan 2015 mit einer Ausnahme zu.
Veröffentlicht am 24. November 2014