Kein Zeitdruck bei der Einführung von Qualitätsmanagementsystemen
Die zum Teil sehr aggressiv formulierte Werbung einzelner Anbieter von Seminaren zur Einführung von Qualitätsmanagementsystemen (QM) in der ambulanten Praxis, hat bei einigen niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen zu dem unzutreffenden Eindruck geführt, dass hier ein akuter Handlungsbedarf besteht. Zum Teil wird sogar fälschlich behauptet, dass eine gesetzliche Verpflichtung besteht, innerhalb kurzer Zeit ein zertifiziertes QM-System in der ambulanten Praxis einzuführen.
Diese Darstellungen sind unzutreffend und offenkundig von wirtschaftlichen Interessen der Anbieter solcher Seminare geleitet.
Voraussichtlich ist von einer Übergangszeit von drei Jahren auszugehen, in der ein Qualitätsmanagementsystem in den ambulanten Praxen einzuführen ist. Es steht zu vermuten, dass auch danach Praxen, die zu diesem Zeitpunkt noch kein voll funktionsfähiges QM System eingeführt haben, nicht mit Sanktionen rechnen müssen.
Vor diesem Hintergrund sollten Verträge und längerfristige Verpflichtungen bei kommerziellen Anbietern nicht vorschnell eingegangen werden.
Im Folgenden seien die aktuellen rechtlichen Bestimmungen zum einrichtungsinternen Qualitätsmanagement sowie die derzeitigen Planungen zu deren Umsetzung im ambulanten Bereich kurz skizziert:
Das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung hat mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), welches zum 1.1.2004 in Kraft getreten ist, über eine Änderung in §135a Abs. 2 SGB V die Einführung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagement auch für den niedergelassenen Bereich verpflichtend festgeschrieben. In §136a Abs. 1 wird dem Gemeinsamen Bundesausschuss die Aufgabe zugewiesen, die Richtlinien zu den verpflichtenden Maßnahmen der Qualitätssicherung und den grundsätzlichen Anforderungen an ein internes Qualitätsmanagement zu bestimmen. Die Kriterien für ein einrichtungsinternes QM werden derzeit in dem Unterausschuss "Qualitätsbeurteilung und -sicherung" des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) diskutiert. Voraussichtlich noch im Herbst 2004 wird eine entsprechende Richtlinien-Empfehlung an den G-BA in der Besetzung des Ausschusses für die Vertragsärztliche Versorgung weitergeleitet. Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses werden erneut verschiedene Expertengremien einbezogen und u.a. die Stellungnahmen der BPtK und der BÄK eingeholt werden. Ein Beschluss des G-BA ist trotz des engen Zeitplans noch bis Ende 2004 zu erwarten.
Insgesamt lässt sich festhalten, das die Beschäftigung mit dem Thema Qualitätsmanagement auf der Tagesordnung steht, jedoch für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen viel Zeit bleibt, um den Markt in Ruhe zu sondieren!
Rechtliche Grundlagen: Die zentralen rechtlichen Bestimmungen zur Einführung eines QM-Systems im niedergelassenen Bereich und zum Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschuss können hier eingesehen werden:
§ 135a
Verpflichtung zur Qualitätssicherung
Die Leistungserbringer sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet. Die Leistungen müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden. Vertragsärzte, medizinische Versorgungszentren, zugelassene Krankenhäuser, Erbringer von Vorsorgeleistungen oder Rehabilitationsmaßnahmen und Einrichtungen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 111a besteht, sind nach Maßgabe der § 136a, 136b, 137 und 137d verpflichtet,
sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beteiligen, die insbesondere zum Ziel haben, die Ergebnisqualität zu verbessern und einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln.
§ 136a
Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung
Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt für die vertragsärztliche Versorgung durch Richtlinien nach § 92
die verpflichtenden Maßnahmen der Qualitätssicherung nach § 1 35a Abs. 2 sowie die grundsätzlichen Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement und Kriterien für die indikationsbezogene Notwendigkeit und Qualität der durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Leistungen, insbesondere aufwendiger medizintechnischer Leistungen. Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien ist der Bundesärztekammer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
§ 137b
Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den Stand der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen festzustellen, sich daraus ergebenden Weiterentwicklungsbedarf zu benennen, eingeführte Qualitätssicherungsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin zu bewerten und Empfehlungen für eine an einheitlichen Grundsätzen ausgerichtete sowie sektoren- und berufsgruppenübergreifende Qualitätssicherung im Gesundheitswesen einschließlich ihrer Umsetzung zu erarbeiten. Er erstellt in regelmäßigen Abständen einen Bericht über den Stand der Qualitätssicherung.
Veröffentlicht am 22. Oktober 2004