Neue Personalvorgaben für Psychiatrie und Psychosomatik
Bundesregierung besteht auf fristgerechte G-BA-Entscheidung
Die Bundesregierung erwartet, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fristgerecht zum 30. September 2019 die neuen Mindestvorgaben zum erforderlichen Personal in Psychiatrie und Psychosomatik beschließt. Dies geht aus ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum „Stand der Umsetzung des PsychVVG“ (Bundestagsdrucksache 19/3725) hervor. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen“ (PsychVVG) will die Bundesregierung „gute Versorgung und die menschliche Zuwendung“ in den Kliniken für psychisch kranke Menschen stärken und Behandlungen mit hohem Aufwand künftig besser vergüten. Der G-BA bekam den gesetzlichen Auftrag, verbindliche Mindestvorgaben zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik festzulegen, die eine leitliniengerechte Behandlung ermöglichen.
Die Bundesregierung will die Entwicklung der neuen Personalvorgaben im G-BA aufmerksam verfolgen, unter anderem durch eine regelmäßige Teilnahme des Bundesgesundheitsministeriums an dessen Arbeitssitzungen. Mit ihrem Appell an den G-BA stellt die Bundesregierung klar, dass sie von der Selbstverwaltung eine Einigung erwartet und ein Scheitern der Verhandlungen im G-BA nicht akzeptieren wird. Die neuen Personalanforderungen sollen dann zum 1. Januar 2020 in Kraft treten.
Noch immer keine Transparenz über Personal
Aus der Antwort der Bundesregierung geht auch hervor, dass noch keine belastbaren Daten vorliegen, inwieweit die Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) umgesetzt ist. Zwar haben für das Jahr 2016 knapp 84 Prozent der Einrichtungen Angaben gemäß der Psych-Personalnachweis-Vereinbarung vorgelegt. Von diesen sind aber wiederum knapp 70 Prozent von der Anforderung eines differenzierten Personalnachweises befreit (Stand: August 2018), weil zum Zeitpunkt der Budgetvereinbarung für das Jahr 2016 keine ausreichend differenzierte Personaldokumentation vereinbart worden war. Für das Jahr 2017 sieht die Quote noch schlechter aus. Zum Stichtag 31. Mai 2018 haben nicht einmal die Hälfte der Einrichtungen (44 Prozent) die Daten zu ihrem Personal vollständig übermittelt.
Aussagen zum Umsetzungsgrad der Psych-PV lassen sich auf dieser Datenbasis nicht treffen, stellen sowohl der GKV-Spitzenverband als auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fest. Allerdings planen die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene in den nächsten Wochen ein Auswertungskonzept zu vereinbaren, um ihrer Verpflichtung nach einer umfassenden Auswertung der Personalnachweise nachzukommen. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit die Psych-PV-Nachweise die erforderliche Transparenz über das Personal in der Psychiatrie herstellen.
Fast kein Interesse an „stationsäquivalenter Behandlung“
Ferner zeigen die psychiatrischen Krankenhäuser bisher fast kein Interesse an der neuen „stationsäquivalenten Behandlung“, die ebenfalls mit dem PsychVVG eingeführt wurde. Dabei handelt es sich um eine Behandlung auch schwerer psychischer Erkrankungen im häuslichen Umfeld des Patienten, welche durch mobile, ärztlich geleitete, multiprofessionelle Behandlungsteams erbracht wird und Krankenhausbehandlung ersetzen soll. Nach Auskunft des GKV-Spitzenverbandes haben erst drei Krankenhäuser mit den Krankenkassen Leistungen und Entgelte zur stationsäquivalenten Behandlung vereinbart. Zudem machten mindestens sieben weitere Krankenhäuser von der Möglichkeit Gebrauch, bei noch nicht abgeschlossenen und genehmigten Budgetvereinbarungen Ersatzbeträge für die stationsäquivalente Behandlung abzurechnen. Die DKG geht davon aus, dass es nur eine geringe einstellige Anzahl von Krankenhäusern in jedem Bundesland gebe, die überhaupt beabsichtigt, stationsäquivalente Leistungen zu erbringen.
Die Angaben bestätigen die bereits bei der Einführung der stationsäquivalenten Behandlung geäußerten Bedenken, diese sei viel zu eng gefasst, als dass hieraus ein flächendeckendes Versorgungsangebot für schwer psychisch kranke Menschen entstehen könnte. So setzt eine stationsäquivalente Behandlung z. B. immer eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit voraus. Es fehlen nach wie vor Regelungen, die es ermöglichen, schwer psychisch kranke Menschen in akuten Krankheitsphasen und Krisen ambulant ausreichend intensiv zu behandeln, um stationäre Aufnahmen im Vorfeld zu verhindern. Erste amtliche Informationen darüber, wie viele Patienten eine stationsäquivalente Behandlung erhalten, sollen 2019 vorliegen.
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Kleine Anfrage BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Bundestagsdrucksache 19/3725
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Veröffentlicht am 17. September 2018