Neuvergabe der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland
Entscheidung für den privaten Anbieter Sanvartis umstritten
Ab 2016 betreibt das Duisburger Unternehmen Sanvartis die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD). Bis Ende 2022 trägt der private Anbieter damit die Verantwortung für ein gesetzlich vorgeschriebenes Informations- und Beratungsangebot für Verbraucher und Patienten (§ 65b SGB V). Staatssekretär Karl-Josef Laumann, Patientenbeauftragter der Bundesregierung, betonte, dass es ihm persönlich ein wichtiges Anliegen sei, dass die Patientenberatung auch zukünftig neutral und unabhängig sei. Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, stellte fest, dass Sanvartis "das überzeugendste Konzept für eine unabhängige und neutrale Beratung" vorgelegt habe.
Für das Beratungsangebot stellen die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt rund 62 Millionen Euro aus den Beiträgen ihrer Versicherten bereit. Hinzu kommen weitere Mittel der privaten Krankenversicherung in Höhe von 630.000 Euro jährlich. Dafür sollen über eine kostenlose bundesweite Hotline (0800-0117722) montags bis freitags von 08:00 bis 22:00 Uhr und samstags von 08:00 bis 18:00 Uhr rund 120 Mitarbeiter Verbraucher und Patienten "auf der Grundlage evidenzbasierter, aktueller Informationen" in Gesundheitsfragen beraten. Sanvartis sagte zu, dass 90 Prozent der Anrufer im ersten Versuch einen Ansprechpartner erreichen werden. Außerdem sollen 80 Prozent der Anrufe innerhalb von 20 Sekunden angenommen werden. "Bisher benötigten Ratsuchende im Durchschnitt mehr als drei Anrufversuche, bis sie ihr Anliegen vortragen konnten", erläuterte der Patientenbeauftragte Laumann.
Die Entscheidung für den neuen Träger war umstritten. Aus Protest traten in dieser Woche zwei Gesundheitswissenschaftler aus dem UPD-Beirat aus: Prof. Dr. Marie-Luise Dierks von der Medizinischen Hochschule Hannover und Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands. Kritik an der Vergabe an ein privatwirtschaftliches Unternehmen wurde auch von der Bundesärztekammer, der Bundespsychotherapeutenkammer und weiteren Organisationen des Versorgungssystems geäußert.
Sanvartis hatte nach einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag bekommen. Das Vergabeverfahren wurde von der Vergabekammer des Bundes überprüft, die am 3. September 2015 zu dem Ergebnis kam, dass es keine Anhaltspunkte für Manipulationen zugunsten der Sanvartis GmbH gegeben habe. Als zentrale Aspekte zur Sicherung der Unabhängigkeit führte GKV-Vorstand Kiefer aus: Sanvartis gründe für die Patientenberatung eine neue gemeinnützige Gesellschaft. Alle Mitarbeiter seien bei dieser neuen Gesellschaft angestellt und würden nicht gleichzeitig für andere Anbieter tätig sein. Auch der Geschäftsführer arbeite ausschließlich für diese neue Gesellschaft. Die neue UPD werde über ein eigenes IT-System verfügen, ein Zugriff durch den Mutterkonzern sei nicht möglich. Ein unabhängiger Auditor werde im Auftrag des UPD-Beirats kontinuierlich die Geschäftsprozesse überwachen.
Veröffentlicht am 05. Oktober 2015