Digitalisierung
Datenschutz für Kinder und Jugendliche bei der ePA sicherstellen
Entwurf eines Gesetzes zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege
Die elektronische Patientenakte (ePA) bietet der psychotherapeutischen Versorgung viele Vorteile: In erster Linie schafft sie für Patient*innen Transparenz zu den über sie gespeicherten Behandlungs- und Abrechnungsdaten. Damit kann sie dazu beitragen, dass Patient*innen ihre medizinische und psychotherapeutische Versorgung selbstbestimmt mitgestalten können. Sie kann Patient*innen außerdem in der Kommunikation mit ihren Behandelnden und damit auch die Kommunikation zwischen Behandelnden unterstützen.
Aktuell bestehen jedoch noch relevante Datenschutzlücken für Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren:
Im Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege ist auch eine Neuregelung zur elektronischen Patientenakte vorgesehen: Psychotherapeut*innen, Ärzt*innen, Krankenhäuser und Apotheken sollen ab Oktober 2025 zwar verpflichtet werden, die ePA zu befüllen. Die Befüllungspflicht soll aber entfallen, wenn bei Patient*innen erhebliche therapeutische Gründe oder Rechte Dritter gegen die Befüllung sprechen oder gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls bei unter 15-Jährigen vorliegen und die Befüllung der ePA den Schutz des Kindes infrage stellen würde. Leistungserbringer*innen sollen in diesen Fällen die Gründe für eine Nichtbefüllung nachprüfbar in ihrer Behandlungsdokumentation protokollieren. Bereits im April hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung eine Richtlinie erlassen, der zufolge die Nichtbefüllung der ePA von Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren nicht gegen vertragsärztliche Pflichten verstößt, wenn erhebliche therapeutische Gründe oder das Kindeswohl dem entgegenstehen. Die Bundespsychotherapeutenkammer begrüßt die geplante Regelung.
Das allerdings löst nur einen Teil des Problems, denn auch Abrechnungsdaten der Krankenkasse geben den Sorgeberechtigten Auskunft über eine psychotherapeutische Behandlung ihres Kindes. Derzeit können Versicherte ab einem Alter von 15 Jahren ihre Versicherten- und Widerspruchsrechte für die ePA ausüben. Das bedeutet, dass Sorgeberechtigte von Kindern unter 15 Jahren Einsicht in Gesundheitsdaten einschließlich der Abrechnungsdaten nehmen können, die in der ePA ihrer Kinder enthalten sind. Diese Information der Sorgeberechtigten ist in der Regel sehr sinnvoll, verstößt aber bei einsichts- und einwilligungsfähigen Jugendlichen regelhaft gegen deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Denn einzelne Abrechnungsdaten lassen unmittelbare Rückschlüsse auf die Inanspruchnahme und Art einer psychotherapeutischen Behandlung zu. Beispielsweise könnte eine (einsichts- und einwilligungsfähige) 14-Jährige* – ohne Wissen der Eltern – psychotherapeutische Leistungenaufgrund von depressiven Symptomen oder Suizidgedanken in Anspruch nehmen. Die Abrechnungsdaten in der ePA würden den Eltern über diesen Sachverhalt Aufschluss geben und infolgedessen die Gefahr familiärer Konflikte und Eskalationen steigern. Die Information steht im Widerspruch zur Schweigepflicht der Psychotherapeut*in den Sorgeberechtigten gegenüber und stellt damit einen Verstoß gegen das grundgesetzlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung der einsichts- und einwilligungsfähigen Patient*in dar. Damit kann das Vertrauen in einen Schutzraum Psychotherapie verloren gehen; möglicherweise teilen junge Menschen dieser Altersklasse dann für die Behandlung wichtige Informationen nicht oder sie beginnen eine Psychotherapie gar nicht erst.
Um den Schutzzweck, der hinter den geplanten Regelungen steht, vollumfänglich zu gewährleisten, bedarf es aus Sicht der BPtK daher einer weiteren Regelung: So sollen die Abrechnungsdaten erst dann in die ePA von Kindern und Jugendlichen eingestellt werden, wenn diese selbst über ein entsprechendes ePA-Frontend verfügen und damit selbst über die Weitergabe beziehungsweise das Teilen ihrer sensiblen Daten verfügen können. Gerade Kinder und Jugendliche müssen sich auf Schutz und Vertraulichkeit verlassen können.
Veröffentlicht am 02. Oktober 2025