Finanzierung der Weiterbildung, Antidiskriminierung und Qualitätssicherung
Der 44. Deutsche Psychotherapeutentag fand vom 12. bis 13. April 2024 in Würzburg statt.
©BPtK/Fotos: Benedikt Knüttel
44. Deutscher Psychotherapeutentag in Würzburg
In Würzburg, einem historisch bedeutsamen Ort für die neuzeitliche Psychotherapie, begrüßte am 12. und 13. April 2024 die Versammlungsleitung die Delegierten des 44. Deutschen Psychotherapeutentages (DPT). Dr. Bruno Waldvogel, Vizepräsident der Psychotherapeutenkammer Bayern, zeichnete nach, wie in Würzburg seit dem 20. Jahrhundert bedeutende Vertreter*innen der Profession die Psychotherapie und die psychotherapeutische Versorgung vorangetrieben und weiterentwickelt haben. In der NS-Diktatur unterstützten Professionsangehörige, die zuvor bei bedeutenden Psychotherapeut*innen auch jüdischen Glaubens gelernt hatten, die menschenverachtende Politik Adolf Hitlers. „Nie wieder!“ – das muss für die deutschen Parlamente gelten. „Nie wieder!“ – das ist auch die Haltung der Profession.
Staatsministerin fordert vom Bund mehr Einsatz für Psychotherapeut*innen
Die Bayerische Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention, Judith Gerlach (CSU), forderte die Bundesregierung auf, sich stärker für die Psychotherapeut*innen einzusetzen. Zum Auftakt des 44. Deutschen Psychotherapeutentags wies Gerlach darauf hin, dass die bislang nicht gesicherte Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung ein drängendes Problem sei. Gerade mit Blick auf die künftige psychotherapeutische Versorgung sei eine abgeschlossene Weiterbildung die Voraussetzung, sich in einer eigenen Kassenpraxis niederzulassen. „Bayern hat im Bundesrat einen Beschluss unterstützt, wonach der Bund die für die Niederlassung als Psychotherapeut erforderliche fachtherapeutische Weiterbildung finanziell absichern soll. Leider hat die Bundesregierung bisher nichts in diese Richtung unternommen”, so Gerlach. „Daher lautet meine eindringliche Aufforderung an Bundesgesundheitsminister Lauterbach: Geben Sie den angehenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten eine verlässliche Perspektive!“
Versorgungsreformen für psychisch kranke Menschen jetzt umsetzen
»Psychisch kranke Menschen brauchen Taten – und kein Warten“, stellte Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer, zu Beginn ihres mündlichen Vorstandsberichts fest. Sie fordert vom Bundesgesundheitsminister, endlich die Reformvorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Ankündigungen und vorläufige Arbeitsentwürfe seien keine Gesetze. Die Bedarfsplanungsreform, der Ausbau von Behandlungskapazitäten in der ambulanten Komplexversorgung, die leitliniengerechte psychotherapeutische Versorgung in Psychiatrien – diese Ziele hätten ihre Gültigkeit nicht verloren, sondern würden dringende Versorgungsprobleme lösen. Dass die Belange psychisch kranker Menschen in den geplanten Versorgungsreformen, wie der Krankenhausreform, der Schaffung von Primärversorgungszentren oder der Einrichtung eines Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit, nicht mitgedacht werden, sei keine moderne Gesundheitsversorgung.
Aber auch die Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung müsse dringend gesetzlich geregelt werden. Ein breites Bündnis von engagierten Studierenden sowie Vertreter*innen von Ausbildungseinrichtungen, Verbänden und Kammern habe sich seit über einem Jahr gemeinsam gegenüber der Politik für dieses Ziel eingesetzt. Rückendeckung sei auch von der Bundespolitik gekommen: Bundestag und Bundesrat unterstützen die Forderungen nach einer gesetzlich geregelten Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung. Nun müsse Bundesminister Lauterbach endlich handeln – und das so schnell wie möglich.
Im Anschluss an den Bericht der BPtK-Präsidentin verabschiedeten die Delegierten des 44. Deutschen Psychotherapeutentages einstimmig Resolutionen, die Bundesminister Lauterbach dazu aufrufen, sich der Versorgungsreformen und der gesetzlichen Regelung der Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung anzunehmen.
Ein weiterer Schwerpunkt des mündlichen Berichts waren die jüngsten Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Mit der im März beschlossenen Richtlinie über die ambulante Komplexbehandlung bei schwer psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen sei endlich der Startschuss für eine multiprofessionelle Versorgung gegeben worden. Auch die Akteur*innen und Einrichtungen, die SGB-Leistungen jenseits des SGB V anbieten, könnten künftig systematisch über interdisziplinäre Fallbesprechungen eingebunden werden. Der G-BA habe insgesamt aus den Fehlern der Erwachsenen-Richtlinie gelernt und viele Hürden aus dem Weg geräumt, betonte Dr. Andrea Benecke. Ziel müsse es nun sein, dass dies auch noch bei der Erwachsenen-Richtlinie gelinge.
Ein großer Erfolg, der sich schon beim letzten DPT abzeichnete, sei nun endlich in trockenen Tüchern: Die Systemische Therapie ist nun auch bei Kindern und Jugendlichen Bestandteil der vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Der G-BA hat die Psychotherapie-Richtlinie entsprechend ergänzt.
Kritisch kommentierte Dr. Andrea Benecke den Beschluss zur Erprobung des QS-Verfahrens für die ambulante Psychotherapie. Das gesetzlich beauftragte QS-Verfahren sei ein Bürokratiemonster ohne Mehrwert für Patient*innen und Psychotherapeut*innen. Auch wenn ein bundesweiter Roll-out des Verfahrens verhindert werden konnte, sei das QS-Verfahren für die Kolleg*innen in Nordrhein-Westfalen (NRW) eine kaum zumutbare Belastung. Die BPtK werde daher im Austausch mit der Psychotherapeutenkammer NRW prüfen, wie die Kolleg*innen in den kommenden sechs Jahren am besten unterstützt werden können.
Bei der stationären Versorgung psychisch kranker Menschen seien keinerlei Fortschritte zu vermelden. Der G-BA habe den Kliniken weitere drei Jahre Zeit gegeben, die ohnehin völlig defizitären Mindestvorgaben vollständig umzusetzen. Eine leitliniengerechte Versorgung könne mit einem solchen Instrument nicht sichergestellt werden. Die BPtK fordere daher, die Personalmindestvorgaben um Qualitätsvorgaben zu ergänzen, damit es für die Verhandlungen vor Ort eine verbindliche Richtschnur gibt, wie viel Personal zur Umsetzung einer leitliniengerechten Versorgung erforderlich ist. Die BPtK-Präsidentin kündigte an, dass sich die BPtK sowohl im G-BA als auch in den kommenden Gesetzgebungsverfahren weiter dafür einsetzen werde.
Ein weiterer Schwerpunkt des mündlichen Berichts war die Digitalisierung. Die spezifischen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen müssten bei der Entwicklung digitaler Anwendungen einbezogen werden, betonte Andrea Benecke. Das gelte auch für die elektronische Patientenakte (ePA). Es sei ein Erfolg, dass die gematik sich hier explizit an die BPtK und die psychotherapeutischen Verbände gewandt habe, um in einen konstruktiven Austausch zu treten, welche Spezifika in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen und in Bezug auf die Ausgestaltung der ePA berücksichtigt werden müssten. Positiv sei ferner, dass auch auf EU-Ebene die ePA freiwillig bleibe. Die Einführung einer Widerspruchsregelung habe erreicht werden können.
In der anschließenden Aussprache zum mündlichen Bericht des Vorstands wurde, Bezug nehmend auf den letzten Schwerpunkt des Berichts, herausgearbeitet, dass die Besonderheiten von Kindern und Jugendlichen bei der Einführung der ePA unbedingt zu berücksichtigen sind. Generell sollte die Vulnerabilität von Menschen mit psychischen Erkrankungen im Zusammenhang mit der ePA beachtet werden. Auch müsse berücksichtigt werden, dass die Befüllung der ePA im stationären Bereich anders als in einer ambulanten Praxis erfolge. Es wurde die Forderung laut, dass die gesetzlich vorgeschriebene Frist zur Einführung digitaler Identitäten verlängert werden müsse.
Seitens der Psychologie-Fachschaften-Konferenz (PsyFaKo) wurde angemahnt, dass nicht nur die Finanzierung der Weiterbildung endlich gesichert werden müsse, sondern auch ein stärkeres Engagement gefragt sei, um Engpässe im Masterstudium, zum Beispiel bei den Plätzen für die berufspraktischen Tätigkeiten, zu beseitigen.
Bei den vielfältigen Krisen, die die Psyche belasten können, sei es begrüßenswert, dass der Vorstand die Klimainitiative und auch ein Curriculum zu Klimakrise und psychischer Gesundheit entwickle. Aber auch, um die Prävention psychischer Erkrankungen zu fördern, sei ein fachlich fundierter Beitrag erforderlich.
Dem BPtK-Vorstand wurde Anerkennung dafür gezollt, dass er die Entwicklungen auf EU-Ebene eng verfolgt. Auch auf EU-Ebene müsse die psychische Gesundheit – insbesondere unter Beachtung menschenrechtlicher Aspekte – gestärkt werden. Ganz wesentlich sei zudem, dass das Selbstverwaltungssystem gewahrt bleibe. Auf EU-Ebene sei dies nicht selbstverständlich, weil im Kammersystem aus wirtschaftspolitischer Perspektive auch ein Hindernis gesehen werden kann. Deshalb müsse die Profession hier gemeinsam für die Selbstverwaltung für Qualität von Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Versorgung kontinuierlich werben.
DPT begrüßt BPtK-Antidiskriminierungsstrategie
Sabine Maur, BPtK-Vizeprädentin und Vorstandsbeauftragte für Antidiskriminierung und Diversität, stellte die Antidiskriminierungsstrategie der BPtK vor. Diskriminierung, Minoritätenstress und Gewalt wirkten sich negativ auf die psychische Gesundheit aus. Gleichzeitig hätten marginalisierte Gruppen einen schlechteren Zugang zu psychotherapeutischer Versorgung. Dabei beziehe sich Diversität nicht nur auf die Gesundheitsversorgung, sondern auch auf die Repräsentanz in der Profession. Der BPtK-Vorstand möchte Defizite und Leerstellen identifizieren und konkrete Maßnahmen zu ihrer Beseitigung entwickeln. Dazu habe der Vorstand eine Abfrage bei den Landeskammern initiiert, die Diversität sowohl auf institutioneller Ebene als auch in der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie in der Gesellschafts- und Gesundheitspolitik berücksichtige, und plane umfangreiche Maßnahmen: Veranstaltungen, Publikationen, Gespräche mit und Stellungnahmen gegenüber der Bundespolitik, wie beispielsweise zum Aktionsplan barrierefreies, inklusives, diverses Gesundheitswesen.
Die Delegierten dankten dem BPtK-Vorstand ausdrücklich für diese Initiative, diskutierten zwei Anträge zur Einsetzung einer Kommission und waren sich darin einig, dass eine Kommission die Arbeit der Vorstandsbeauftragten sinnvoll ergänzen könne. Unterschiedliche Auffassungen gab es dazu, ob sich eine solche Kommission auf die Schwerpunktthemen Rassismus und Antisemitismus beschränken oder weiterer Diskriminierungsformen annehmen solle. Mehrere Delegierte betonten, dass Aspekte der Diskriminierung und diskriminierungssensible Psychotherapie auch in den Aus- und Weiterbildungsinstituten umfassend thematisiert werden müssen.
Wichtig sei, dass sich die Profession deutlich positioniere. Vor diesem Hintergrund sprach sich der 44. DPT in einer Resolution „Hass, Hetze, Rassismus und Diskriminierung machen psychisch krank: Für Menschlichkeit, Toleranz und Vielfalt!“ aus.
Delegierte fordern Gesetzesänderung zur Finanzierung der Weiterbildung
Cornelia Metge, Mitglied im BPtK-Vorstand, führte in den TOP Weiterbildung ein. Sie berichtete von den Aktivitäten seit dem letzten DPT. Die Kundgebung im Vorfeld des DPT habe auf eindrucksvolle Weise deutlich gemacht, dass die Reform ohne gesetzliche Regelungen für eine ausreichende Finanzierung der Weiterbildung nicht gelingen wird. Die Politik hätte längst handeln können. Schon lange liegen ihr die in der Profession erarbeiteten Vorschläge vor, die gesetzestechnisch einfache und praktikable Lösungen beinhalten und auf bereits geltende Regelungen aufsetzten. Die Finanzierungslücke sei klar definiert und die Lösungsvorschläge lägen auf dem Tisch. Der Bundesrat und der Bundestag hätten in ihren Aufforderungen an die Bundesregierung, sich um die Finanzierung der Weiterbildung zu kümmern, auf diese Vorschläge Bezug genommen. Metge mahnte, dass eine solch umfassende Reform nicht allein vom Pioniergeist und Engagement Einzelner getragen werden könne, damit erste Weiterbildungsstätten entstehen und Absolvent*innen eine Perspektive haben. Eine Reform brauche für die Verstetigung und die Umsetzung in der Fläche akzeptable Bedingungen für alle Beteiligten – für die Psychotherapeut*innen in Weiterbildung ebenso wie für die Weiterbildungsstätten und -befugten. Sie appellierte an die Bundesminister Lauterbach und Lindner sowie an Bundeskanzler Scholz, jetzt zu handeln, um die Finanzierung der Weiterbildung zu sichern und die Reform der Psychotherapeutenausbildung endlich zu vollenden.
Gleichzeitig hätten die Kammern die Pflicht, die Weiterbildung im Rahmen ihrer Möglichkeiten an den Start zu bringen. Dabei würden wichtige erste Erfahrungen gemacht, um die unter hohem Zeitdruck entwickelten Weiterbildungsordnungen prüfen und bei Bedarf anpassen zu können. Nach intensiver Beratung im Länderrat und im Verlauf der vergangenen DPT sowie auf Grundlage der Besetzungsvorschläge der Landeskammern seien jetzt neue Gremien eingerichtet worden. Die vom Vorstand berufenen Mitglieder der Weiterbildungskommission und des Beirates Weiterbildung stellte Cornelia Metge dem DPT namentlich vor.
Darüber hinaus erläuterte sie die Entwicklung zu Anträgen von Delegierten der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer (OPK) vom vergangenen DPT, zusätzliche Bereichsweiterbildungen für Psychologische Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen zu regeln. In einem Online-Arbeitstreffen der Landespsychotherapeutenkammern und der BPtK habe man sich zu den Beweggründen, Zielen und Handlungsoptionen der Kammern ausgetauscht und über Implikationen möglicher Weiterbildungen aus fachlicher, berufspolitischer und aus der Versorgungsperspektive diskutiert. Begrüßt wurde, dass man bei diesen Qualifikationen perspektivisch auf Fortbildungsmodule der Kammern insbesondere in der Gruppenpsychotherapie setzt. Festgehalten wurde, dass Regelungen zu Bereichsweiterbildungen zunächst nicht weiter angestrebt werden sollten.
Unter Verweis auf die am 1. April 2024 in Kraft getretene Änderung der Psychotherapie-Vereinbarung wies Metge zudem darauf hin, dass das neue Weiterbildungsrecht bereits Wirksamkeit entfaltet habe, nachdem die Voraussetzungen für Genehmigungen zur Ausführung und Abrechnung von psychotherapeutischen Leistungen an das aktuelle Weiterbildungsrecht und Psychotherapeutengesetz angepasst worden waren. Die künftigen Fachpsychotherapeut*innen seien jetzt in der Vereinbarung berücksichtigt. Darüber hinaus seien die Bereichsweiterbildungen in Psychotherapieverfahren nun der Maßstab für eine Abrechnungsgenehmigung und ein Kammerzertifikat ausreichender Nachweis gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung. Ein weiteres wichtiges Anliegen der Partner*innen des Bundesmantelvertrages sei es, in der Psychotherapie-Vereinbarung den Qualifikationserwerb für die Gruppenpsychotherapie zu vereinfachen und die Qualifikationsanforderungen für sogenannte Zweitverfahren explizit zu regeln. Bei vielen Qualifikationen sei nun – und das sei neu – auch eine Prüfung und Bescheinigung durch die Psychotherapeutenkammern vorgesehen und ausreichend, sodass eine weitere Prüfung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen entfalle.
Im Mittelpunkt der anschließenden Aussprache stand die Finanzierung der Weiterbildung und die Zusammensetzung der neuen Weiterbildungsgremien. Delegierte dankten dem Vorstand für das aufwändige Vorschlags- und Berufungsverfahren, über das eine möglichst breite Expertise in den neuen Gremien berücksichtigt werden soll. Daneben gab es auch Kritik an der bereits beschlossenen Besetzung der Weiterbildungskommission und des Beirates Weiterbildung sowie Ergänzungsvorschläge. Der Vorstand wies diesbezüglich darauf hin, dass es zunächst darum gehe, die Arbeit aufzunehmen und Erfahrungen zu sammeln. Die Besetzung beider Gremien sei zeitlich an die Amtszeit des Vorstands gebunden bzw. auf fünf Jahre befristet. Änderungen in der Zusammensetzung seien damit turnusgemäß möglich. Bei spezifischen Fragestellungen könnte darüber hinaus auch zusätzliche Expertise eingebunden werden, wie zum Beispiel die Psychotherapeut*innen in Ausbildung und die Psychologie-Studierenden, die ohnehin regulär über die jährliche Weiterbildungskonferenz einbezogen seien. Der Vorstand stellte zudem klar, dass sich die jetzt besetzten Gremien vor allem mit der Umsetzung der Weiterbildung und der Auswertung der bisherigen Erfahrungen beschäftigen müssten. Zugleich werde man weiter so lange wie nötig in der Task-Force und der Konzertierten Aktion für eine ausreichende Finanzierung der Weiterbildung kämpfen.
Vonseiten der PsyFaKo wurde die große Unsicherheit unter den Studierenden über den weiteren Werdegang nach Abschluss des Masterstudiums thematisiert und der Appell an die Bundesregierung erneuert, die Finanzierung der Weiterbildung endlich angemessen zu regeln. Dass es weiterhin gemeinsamer Kraftanstrengungen bedürfe, wurde – unter anderem mit Verweis auf die Altersverteilung bei den niedergelassenen Psychotherapeut*innen und die Herausforderungen für die künftige psychotherapeutische Versorgung – auch in den Redebeiträgen vieler Delegierter deutlich. Gleichzeitig müsse aber auch gewürdigt werden, was an anderer Stelle – aufgrund der Änderungen der Psychotherapie-Vereinbarung – mit der Weiterbildung bereits erreicht worden sei.
Wichtige Satzungsänderungen beschlossen
Der 44. DPT hat zwei wichtige Änderungen der Satzung beschlossen. Notwendig war, in der Satzung ein zusätzliches Finanzierungsinstrument für außerplanmäßige Finanzbedarfe, die nicht über Haushaltsmittel gedeckt sind, zu schaffen. Der zweite Antrag zur Satzungsänderung betraf außerordentliche DPT, die grundsätzlich digital stattfinden sollen. BPtK-Vorstandsmitglied Wolfgang Schreck führte in die Anträge zur Satzungsänderung ein. Seitens der Delegierten gab es keinen Diskussionsbedarf; die Anträge wurden einstimmig angenommen.
eLogbuch: Kammern wollen gemeinsam die digitale Dokumentation der Weiterbildung
Mit der Reform der Psychotherapeutenausbildung stehen die Psychotherapeutenkammern vor der Aufgabe, erstmals Gebietsweiterbildungen zu regeln und zu beaufsichtigen. Die mit der Muster-Weiterbildungsordnung (MWBO) für Psychotherapeut*innen beschlossenen Neuregelungen stellen die Landeskammern vor große konzeptionelle und administrative Herausforderungen. Die Delegierten des 43. Deutschen Psychotherapeutentages hatten vor diesem Hintergrund im vergangenen November beschlossen, die BPtK mit der Vorbereitung und Umsetzung des Projektes eLogbuch für die Landeskammern zu beauftragen.
Das zu entwickelnde eLogbuch sieht vor, eine gemeinsame digitale, webbasierte Plattform aller Landeskammern zu schaffen, auf der Weiterbildungsstätten und -befugte registriert sind und auf der die Weiterbildungsteilnehmenden die jeweils absolvierten Weiterbildungsinhalte dokumentieren können. Ziel sei es, die Dokumentation der Weiterbildung zu vereinfachen und den Verwaltungsaufwand der Kammern zu begrenzen.
Sabine Maur, Vizepräsidentin der BPtK, stellte den aktuellen Sachstand zum Projekt vor. Seit dem letzten DPT hätten BPtK und Landeskammern damit begonnen, in einer Reihe von Workshops die funktionalen Eckdaten für das eLogbuch und die grundsätzlichen Anforderungen der Logbuch-Nutzer*innen zu beschreiben. Maur betonte, dass damit bereits wertvolle Vorarbeiten und Abstimmungen für das Projekt erarbeitet worden seien, die Grundlagen für das im nächsten Projektschritt zu erarbeitende Lastenheft seien.
Die BPtK-Vizepräsidentin erläuterte den Delegierten den vorliegenden Antrag zur Finanzierung des eLogbuchs, für die das neu geschaffene Instrument eines Umlageverfahrens mit den Landeskammern genutzt werden soll. Diese Finanzierungsregelung sehen BPtK und Landeskammern als wesentliche Voraussetzung für die weitere Umsetzung des Projekts eLogbuch.
In der anschließenden Aussprache wurde das große Interesse an der geplanten Softwarelösung, aber auch der Respekt vor dem Umfang des geplanten Projekts deutlich. Einige Delegierte kritisierten, dass die Kammern mit der Entwicklung des eLogbuchs für die Weiterbildung wieder in Vorleistung gehen. Zuvor aber müsse die Politik stärker bei der Finanzierung der Weiterbildung in die Pflicht genommen werden. Maur und andere Delegierte hingegen sahen das eLogbuch als digitales Instrument für eine verpflichtende Kammeraufgabe im Interesse der Mitglieder. Deutlich wurde auch, dass die Delegierten eine papiergebundene Lösung nicht als Alternative sehen.
Die Delegiertenversammlung beschloss einstimmig, das Projekt eLogbuch über ein Umlageverfahren mit allen Landeskammern zu finanzieren.
Geplantes QS-Verfahren und Qualitätsportal eignen sich nicht zur Qualitätsverbesserung
Der 44. DPT befasste sich intensiv mit dem geplanten QS-Verfahren für die ambulante Psychotherapie, das ab dem 1. Januar 2025 in Nordrhein-Westfahlen über sechs Jahre erprobt werden soll. Vizepräsident Dr. Nikolaus Melcop erläuterte in seinem einführenden Vortrag, dass der gesetzliche Auftrag an den G-BA, ein einrichtungsübergreifendes QS-Verfahren für die ambulante psychotherapeutische Versorgung zu beschließen, erst kurz vor Beschlussfassung im Bundestag in das Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz gerutscht sei. Der seinerzeit schon bestehende Auftrag an das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), ein QS-Verfahren ambulante Psychotherapie zu entwickeln, sei dadurch erweitert worden, vor allem aber sei eine ergebnisoffene Bearbeitung unmöglich geworden. Unabhängig von einer Bewertung des Aufwand-Nutzen-Verhältnisses sei der G-BA per Gesetz verpflichtet, ein QS-Verfahren ambulante Psychotherapie nach der DeQS-Richtlinie zu beschließen. Erschwerend komme hinzu, dass künftig die Ergebnisse dieses QS-Verfahrens in einem Qualitätsportal des G-BA einrichtungsvergleichend veröffentlicht werden sollen. Der Ansatz der datengestützten Qualitätssicherung, wie er ursprünglich im Bereich der somatischen Krankenhausversorgung für eng definierte Leistungen bei bestimmten Diagnosegruppen entwickelt wurde, werde damit eins zu eins auf die ambulante Versorgung übertragen werden. Dabei sei die ambulante Psychotherapie denkbar ungeeignet für ein Qualitätssicherungsverfahren nach der DeQS-Richtlinie. Zentrale Probleme für das Verfahren seien insbesondere:
- die extreme Heterogenität der behandelten Patient*innen hinsichtlich Diagnosen, Krankheitsverläufen, Schweregraden, Krankheitsdauer, Komorbiditäten,
- die Heterogenität hinsichtlich der Behandlungsdauer (von einer Kurzzeittherapie über wenige Behandlungsstunden bis hin zu Langzeittherapien über mehrere Jahre),
- sehr unterschiedliche Behandlungsverfahren, die Kombination von Einzel- und Gruppenpsychotherapie, die Kombination mit medikamentöser Behandlung, der parallele Einsatz von Heilmitteln wie Ergotherapie oder zwischenzeitlicher stationärer oder teilstationärer Behandlung,
- die geringen Fallzahlen je Praxis,
- die Anonymisierung der Ergebnisse der Patientenbefragung, die verhindere, dass aus auffälligen Ergebnissen konkrete Schlussfolgerungen für Qualitätsverbesserungen gezogen werden können,
- ein enormer administrativer Aufwand und hohe Kosten für die Umsetzung des QS-Verfahrens einschließlich der Stellungnahmeverfahren durch eine im Vergleich zu allen anderen Verfahren besonders hohe Anzahl an teilnehmenden Einrichtungen.
Zu dieser grundsätzlichen Problematik kämen die konkreten Mängel der vom IQTIG entwickelten Erhebungsinstrumente und Qualitätsindikatoren noch hinzu. Die Leistungserbringerdokumentation erfasse aufwendig mit über 100 Datenfeldern im Kern etablierte Standardprozesse der psychotherapeutischen Behandlung. Es sei völlig unklar, wie auf dieser Basis ein Beitrag zu einer Qualitätsverbesserung geleistet werden könne. Massive Deckeneffekte seien unausweichlich. Die in der Fachöffentlichkeit an der Patientenbefragung geäußerte Kritik falle schließlich mindestens genauso gravierend aus. So bezögen sich zum Beispiel viele Fragebogen-Items auf Prozesse zu Beginn der Behandlung, würden aber erst nach Therapieende – teils Jahre später – abgefragt. Eine faktenbasierte Befragung werde nur behauptet. Die Mängel des QS-Verfahrens seien so evident, dass der G-BA keine bundesweite, sondern eine zunächst regional begrenzte Erprobung eines QS-Verfahrens in einem Bundesland über einen Zeitraum von sechs Jahren einschließlich einer Evaluation beschlossen habe.
Dr. Melcop verdeutlichte, was dies in der Konsequenz für die Erprobung und die geplante Evaluation bedeuten könnte. Angesichts der Deckeneffekte und des fehlenden Verbesserungspotenzials könnten die Qualitätsindikatoren auf Basis der Leistungserbringerdokumentation entfallen. Auch bei der Patientenbefragung sei zu erwarten, dass insbesondere Fragen zu Informationsaufgaben der Psychotherapeut*innen mangels Aussagekraft und Differenzierungsvermögen gestrichen werden. Ein Ergebnis könnte jedoch auch sein, dass trotz aller methodischen Schwächen die Indikatoren zu Aspekten der Therapie-Beziehung und zur Ergebnisqualität Unterschiede zwischen Praxen aufzeigen und in einem verkürzten Patientenfragebogen beibehalten werden. Fachlich fundierte und gezielte Qualitätsverbesserungen ließen sich daraus zwar nicht ableiten, aber der allgemeine politische Wunsch nach mehr Transparenz könnte damit bedient werden. Langfristig sei zu befürchten, dass Psychotherapeut*innen auf das QS-Verfahren Anpassungsstrategien zur Vermeidung negativer Ergebnisse entwickeln, die negative Auswirkungen auf die Versorgung bestimmter Patientengruppen haben könnten. Ein für Patient*innen wie Psychotherapeut*innen unnützes QS-System könnte sich auch lange Zeit in der Versorgung verfestigen.
Der gesetzliche Auftrag für dieses QS-Verfahren sollte deshalb gestrichen werden. Die Profession müsse die Grundlagen dafür schaffen, den Gesetzgeber von dieser Notwendigkeit zu überzeugen. Dazu werde die BPtK gemeinsam mit der Psychotherapeutenkammer NRW die Erprobung kritisch begleiten und den Kolleg*innen die erforderliche Unterstützung geben, aber auch unter breiter Beteiligung der Profession den Beratungsprozess über die Perspektiven der Qualitätssicherung in der Psychotherapie fortführen. Hierzu seien unter anderem Workshops unter Beteiligung der Landeskammern, deren QS-Ausschüsse, der Delegierten, der psychotherapeutischen Fachgesellschaften, der Verbände und der Psychotherapeut*innen in den Gremien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgesehen.
In der anschließenden Aussprache dankten die Delegierten Dr. Melcop für den Vortrag und dem gesamten Vorstand für die fundierte Aufarbeitung der Thematik und die klare Positionierung der BPtK. Der gesamte QS-Ansatz sei von einer schädlichen Misstrauens- und Kontrollkultur geprägt. Hiergegen sollte sich die Profession zur Wehr setzen. Zudem solle man die Erprobungsphase nutzen, um die Perspektiven der Psychotherapeut*innen und der Psychotherapiewissenschaft in die Evaluation einfließen zu lassen. Die Evaluation dürfe man nicht allein dem IQTIG überlassen. Generell sei die Qualitätssicherung aus Patienten- wie Kostenträgerperspektive auch in der ambulanten Psychotherapie ein berechtigtes Anliegen. Qualitätssicherung dürfe auch nicht mit Evaluationsforschung verwechselt werden. Man müsse jetzt beginnen, einen überzeugenden QS-Ansatz zu entwickeln, da dieser auch noch evaluiert werden müsse. Sanktionsbasierte Systeme eigneten sich nicht zur Qualitätsverbesserung; hilfreich seien vielmehr peer-gestützte Beratung und eine gute Fehlerkultur. Andrea Benecke dankte zum Abschluss der Debatte den Kolleg*innen in NRW, die stellvertretend für die gesamte Profession die Erprobung auf sich nehmen müssten, und sagte die erforderliche Unterstützung zu.
Vom 44. DPT verabschiedete Resolutionen
Darüber hinaus befasst der DPT sich mit weiteren aktuellen politischen Themen und formulierte seine Anliegen und Forderungen in folgenden Resolutionen, die jeweils mit sehr großen Mehrheiten verabschiedet wurden:
- Reformgestaltung statt Ankündigungsverwaltung: Psychisch kranke Menschen brauchen Taten und kein Warten
- Reform vollenden: Psychotherapeutische Weiterbildung finanzieren
- Hass, Hetze, Rassismus und Diskriminierung machen psychisch krank! Für Menschlichkeit, Toleranz und Vielfalt!
- Kinder und Jugendliche krisenfest machen – Psychotherapeutische Präventionsangebote flächendeckend verstetigen
- Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit muss psychische Gesundheit berücksichtigen
- Ökologische Krisen spitzen sich zu: Verstärkte Anstrengungen unter Berücksichtigung psychischer Gesundheitsschäden dringend erforderlich
- Psychische Gesundheit in Europa stärken – heute und in Zukunft
- Psychisch kranke Geflüchtete nicht 3 Jahre von Psychotherapie ausschließen
- Cannabislegalisierung: Präventionsangebot systematisch etablieren! Psychotherapeutische Behandlungsangebote ausbauen!