Erika Behnsen stellte heraus, dass für die Integration der Psychotherapeut*innen einerseits die Verordnungskompetenz von Psychotherapeut*innen zentral gewesen sei. Andererseits habe die extrabudgetäre Vergütung psychotherapeutischer Leistungen die Verteilungskonflikte mit den Ärzt*innen befriedet. Gegenüber dem KBV-Vorsitzenden habe sie immer ihre neutrale Position deutlich gemacht und sich weder auf die Seite der Ärzt*innen noch der Psychotherapeut*innen gestellt. Verwundert habe sie jedoch, dass die Psychotherapeut*innen zwar in die vertragsärztliche Versorgung integriert werden wollten, anfangs jedoch Probleme damit gehabt hätten, die allgemeinen Regeln der Versorgung zu akzeptieren und eine Sprechstunde anzubieten. Von der Profession wünsche sie sich, dass Psychotherapeut*innen noch mehr in sozialen Brennpunkten arbeiteten und als gutes Vorbild für andere Facharztgruppen vorangingen, denn auch hier gebe es diese Unwuchten.
Dem stimmte Dr. Christa Schaff zu, Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie, Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin. Auch sie sah in der extrabudgetären Honorierung den Grundstein für die Befriedung zwischen den Professionen. Die Zusammenarbeit mit den Psychotherapeut*innen in den Fachausschüssen sei grundsätzlich positiv gewesen, auch wenn sich gerade die ersten fünf Jahre schwierig gestaltet hätten. Ab 2005 habe eine intensive Kooperation der Ärzt*innen mit den Psychologischen Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen begonnen, gerade auch in Fragen der Vergütung. Es sei gelungen, strukturelle Veränderungen zu bewirken, wie die Reform der Psychotherapie-Richtlinie. Allerdings habe die Kooperation ihr anfangs beinahe den Vorstandsposten im Verband gekostet, als die Vergütung der Richtlinien-Psychotherapie für Psychiater*innen zunächst nicht in derselben Höhe gewährleistet war, wenn diese nicht ausschließlich psychotherapeutisch arbeiteten. Dies habe sie als totale Entwertung der Psychiater*innen erlebt.
Bedauerlich sei, dass es nicht gelungen ist, die Qualitätssicherung in der Psychotherapie selbst zu regeln. Zukünftig wünsche sie sich mehr Vernetzung zwischen den Professionen. Dies könne am besten auf regionaler Ebene gelingen, wo eruiert werden müsse, wie die Ressourcen am besten eingesetzt und wer welche Fähigkeiten und Kompetenzen einbringen möchte, um die Versorgung sicherzustellen.
Prof. Dr. Ulrich Wenner unterstrich, dass nicht alles über den Gerichtsweg zu lösen sei. Bei der Anerkennung von Behandlungsverfahren hätte sich gezeigt, dass es innerhalb der Selbstverwaltung auf eine gute wissenschaftliche Vorbereitung ankäme. Die Vergütungsfrage hätte die Selbstverwaltung allerdings nicht selbst lösen können, dafür sei das 10-Pfennig-Urteil des BSG notwendig gewesen. Im Vorfeld dieses Urteils habe es ein konstruktives Gespräch mit dem Bundesverfassungsgericht gegeben. Es sei klar gewesen, dass das Ergebnis eine bessere finanzielle Situation der Psychotherapeut*innen sein musste. Das BSG habe dabei die Linie klarer vorgeben können, als es dem Bundesverfassungsgericht möglich gewesen wäre.
Kritisch hätte er die Auffassung der Psychotherapeut*innen betrachtet, die von einer Eigengesetzlichkeit ihrer Praxis überzeugt gewesen seien. Diese Eigengesetzlichkeit entfaltete sich innerhalb den normativen Vorgaben des Gesetzgebers. Dessen Regelungen seien von den Psychotherapeut*innen nicht immer gut aufgenommen worden. Hier habe man die Profession teils zum Jagen tragen müssen. Der Notwendigkeit einer schnelleren und besseren Erreichbarkeit könne sich die Profession auch in Zukunft nicht entziehen. Bei künftigen Reformen der Versorgungsstrukturen müssten die Psychotherapeut*innen eine zentrale Rolle einnehmen, zum Beispiel bei den Gesundheitskiosken. Sorge bereite ihm das strukturelle Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch jenseits der aktuellen Krisen könnten die Ausgaben nicht aus den Einnahmen finanziert werden.