Psychotherapie spielt bei älteren Menschen fast keine Rolle

Mindestens jeder zehnte Mensch über 60 Jahren leidet unter einer Depression. Psychotherapie spielt bei älteren Menschen dennoch fast keine Rolle. Von 100 älteren Menschen, die an einer Depression erkranken, erhält nicht einmal ein Patient eine Psychotherapie."Auch wer älter als 60 Jahre ist, hat Anrecht auf eine leitliniengerechte Behandlung ", stellte Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), anlässlich des heutigen Berliner Symposiums "Psychotherapie im Alter" fest.Jeder vierte über 70jährige nimmt dagegen ein Psychopharmakon, insbesondere Beruhigungsmittel (Benzodiazepine). Eine besonders gravierende Nebenwirkung von Psychopharmaka ist bei älteren Menschen das erhöhte Sturzrisiko. Benzodiazepine erhöhen das Sturzrisiko um 55 bis 87 Prozent. "Ältere Menschen nehmen bereits aufgrund mehrfacher körperlicher Leiden häufig fünf und mehr Medikamente", sagte BPtK-Präsident Richter. "Psychopharmaka müssen deshalb weit sorgfältiger verordnet werden. Psychotherapie ist oft die bessere und bei älteren Menschen sicherere Behandlungsalternative."In Deutschland existieren erst seit Kurzem Leitlinien für psychische Störungen, die beschreiben, wie Krankheiten nach dem internationalen Forschungsstand behandelt werden sollten. Die bereits vorliegenden internationalen Behandlungsleitlinien bestätigen die herausgehobene Rolle, die Psychotherapie z. B. bei Depressionen hat:

bei leichten Depressionen wird Psychotherapie als primäre Behandlungsoption empfohlen;

bei mittelschweren Depressionen eignen sich entweder Psychotherapie oder Pharmakotherapie mit Antidepressiva;

bei schweren Depressionen ist eine Kombination aus Psychotherapie und Psychopharmaka ratsam;

bei chronischen Depressionen ist eine Kombinationsbehandlung einer Monotherapie überlegen.

Veröffentlicht am 08. Mai 2009